Künstlerische Darstellung: Spermien schwimmen auf Eizelle zu
Siarhei – stock.adobe.com
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Partnersuche

Eizellen sind wählerisch

Lange hat die Evolutionsbiologie Sexualität vor allem aus männlicher Perspektive betrachtet – und die Eizelle bloß als passive Empfängerin dargestellt. Eine Studie rückt dieses einseitige Bild zurecht.

Wenn John Fitzpatrick über Partnerwahl spricht, dann verwendet er Begriffe wie „Fitness“, „genetische Kompatibilität“ und „chemische Kommunikation“. Im Privaten sei das natürlich anders, sagt der Evolutionsbiologe von der Universität Stockholm, der Sinn für das Zwischenmenschliche, auch für die romantische Seite der ganzen Sache sei ihm nicht abhandengekommen. „Ein Arzt ist ja auch nicht davor gefeit, krank zu werden. Ok, vielleicht ist das kein allzu passendes Bild. Liebe ist ja schließlich keine Krankheit.“

Aus Sicht der Eizelle

Als Wissenschaftler gehört Fitzpatrick jedenfalls zu den Neuerern seines Faches. Zu jenen, die sich mit der oft erzählten Geschichte von der Spermienkonkurrenz nicht mehr zufrieden geben und die Fortpflanzung endlich auch aus weiblicher Sicht betrachten wollen. Die Eizelle galt lange als passive Empfängerin, die dem Sieger unter den wetteifernden Spermien Zugang gewährt. Als sich vor einiger Zeit herausstellte, dass sie auch chemische Lockstoffe abgibt, änderte das noch nicht viel. Die chemische Spur weise den Spermien eben bloß den Weg, hieß es. Doch Fitzpatrick hatte so seine Zweifel.

Evolutionsbiologe John Fitzpatrick
Magnus Bergström/Knut and Alice Wallenberg Foundation
Evolutionsbiologe John Fitzpatrick

Um diese Frage zu klären, trat er mit der Abteilung für Reproduktionsmedizin im St. Mary’s Hospital in Manchester in Kontakt, wo kinderlose Paare medizinische Hilfe in Form künstlicher Befruchtung in Anspruch nehmen. Von 44 Paaren erhielt Fitzpatrick Probenmaterial für seine Versuche, Spermien von den Männern, Follikelflüssigkeit von den Frauen. Eizellen waren aus ethischen Gründen nicht zu bekommen, nachdem die Follikelflüssigkeit der Träger von chemischen Lockstoffen ist, machte das für die Versuche allerdings keinen großen Unterschied. „Wir wollten herausfinden, ob die chemischen Signale der Eizellen auf Spermien unterschiedlicher Männer auch unterschiedlich wirken. Oder anders ausgedrückt: Treffen die Eizellen eine Auswahl?“

„Wählt passende Spermien aus“

Die Ergebnisse hat Fitzpatrick nun im Fachblatt „Proceedings B“ veröffentlicht. Sie bestätigen seine Vermutung: Der chemische Lockruf richtet sich nicht an alle Spermien gleichermaßen, Eizellen haben tatsächlich gewisse Vorlieben. Zwar würden alle Spermien durch die Signale der Eizelle angezogen, schreibt Fitzpatrick in seiner Studie, doch der Effekt variiere so stark, dass dies nach einer Erklärung rufe. „Wir haben die Versuche mit verschiedenen Probanden und zu unterschiedlichen Zeiten wiederholt, es war immer wieder das Gleiche. Ich vermute, dass die Eizelle auf diese Weise genetisch passende Spermien auswählt. Wie genau, wissen wir noch nicht. Das werden wir in unserer nächsten Studie klären.“

Die Versuche wurden übrigens anonymisiert durchgeführt, von den Ergebnissen erfuhren die Probandinnen und Probanden nichts – und das ist vielleicht auch besser so. Denn bei etwa jedem zweiten Versuch galt die Präferenz der Eizelle den Spermien eines fremden Mannes, nicht des Partners der Spenderin. Warum? An dieser Stelle holt Fitzpatrick eine alte Theorie der Evolutionsbiologie aus dem Talon, und die geht so: Der Körpergeruch gibt Auskunft darüber, ob die Immun-Gene von Frau und Mann zusammenpassen oder nicht. Die Partnerwahl sollte also, wenn sie diesem archaischen Prinzip folgt, automatisch für „kompatible“ Genkombinationen sorgen. „Im Labor können wir diesen Zusammenhang nachweisen, aber im wirklichen Leben sieht es anders aus. Es gibt tausend andere Gründe, warum wir unsere Partner auswählen. Der Geruch allein ist es jedenfalls nicht.“ Nur die Eizelle hält immer noch an diesem Prinzip fest. An der „Chemo-Kommunikation“, wie Fitzpatrick es nennt. Das wäre zumindest eine mögliche Erklärung.