Was Österreich aus der Krise lernen kann

Welche Lehren man aus der Coronavirus-Krise ziehen könnte, haben heimische Forscher und Politiker bei einer Veranstaltung diskutiert: Unter anderem soll ein eigenes Institut für Pandemien und sich rasch ausbreitende Infektionskrankheiten geschaffen werden. Außerdem wünscht man sich in Zukunft mehr legistischen Sachverstand.

Bei der von Anton Zeilinger, Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaft (ÖAW), und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) ins Leben gerufenen Reihe „Wissenschaft und Politik im Gespräch“ diskutieren Forscher und Parlamentarier regelmäßig über aktuelle Themen. „Diesmal ging es, wie könnte es anders sein, um die Covid-19-Pandemie“, sagte Sobotka.

Aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht hätten sich zwar alle beeindruckt gezeigt, wie produktiv die Wissenschaft ist und wie rasch sie auf solche aktuellen Themen reagiert, was eine Fülle an Publikationen rund um das Coronavirus belegen, berichtete die Infektionsbiologin Sylvia Knapp vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CEMM) in Wien und der Medizinischen Universität Wien. Man habe aber auch Schwachstellen erörtert: So sei das Expertentum in Österreich ein wenig verstreut, und es fehle eine zentrale Auskunft- und Anlaufstelle für die Entscheidungsträger. Deshalb plane man ein Institut speziell für Pandemien und Infektionskrankheiten aufzubauen.

Klare Normen und Sachverstand

Bezüglich der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus sei man sich einig gewesen, dass es eine „enorme Herausforderung für die Politik und Gesellschaft“ gewesen sei, in Eile und bei unsicherer Faktenlage Entscheidungen zum Schutz der Bevölkerung zu treffen, sagte Magdalena Pöschl vom Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien. An den entsprechenden Normen habe es aber Kritik gegeben.

Aus rechtlicher Sicht und für eine effektive Verhaltenssteuerung sei es sehr wichtig, dass die Normen auch in Krisenzeiten klar und eindeutig sind und korrekt kommuniziert werden. Dazu brauche es zum einen Sachverstand, der den Entscheidungsträgern strukturierter zur Verfügung gestellt werden sollte. Zum anderen müsse die legistische Expertise in den Ministerien gestärkt und dann auch wirklich herangezogen und ernst genommen werden. Der Verfassungsgerichtshof könne außerdem den Rechtsschutz verbessern, indem er von Bürgern angefochtene Normen auch noch dann als rechtswidrig einstuft, wenn sie schon außer Kraft getreten sind.

Passende Konjunkturpakete

Die Pandemie sei ein Schock für die Bevölkerung gewesen, die Klimakrise sei hingegen eine langsam voranschreitende Krise, erklärte Sigrid Stagl vom Institut für Ecological Economics der Wirtschaftsuniversität Wien. Man habe beobachten können, dass Entscheidungsträger ganz anders darauf reagieren, „weil es viel schwieriger ist, die Leute auf eine latente Krise zu sensibilisieren, als auf einen Schock“, sagte sie.

Derzeit hofften alle, dass es möglich ist, das Wirtschaftswachstum beizubehalten und gleichzeitig die Umweltschäden zu reduzieren. Dies sei zwar noch nicht wirklich gelungen, aber es gebe eventuell eine leichte Entkoppelung. Bei der Finanzkrise habe sie beobachtet, dass die Konjunkturpakete genau diese Entkoppelung konterkarierten. „Ich hoffe, dass es jetzt anders gemacht wird bei den Konjunkturpakten in der aktuellen Krise.“