Spaziergänger im Prater in Wien
APA/HERBERT P. OCZERET
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Umdenken

Die Krise als Türöffner für Konsumverzicht

Erhebungen von Wiener Forschern weisen auf einen Sinneswandel in der Bevölkerung hin: Durch die Coronakrise hat der Konsumverzicht möglicherweise an Attraktivität gewonnen.

„Verzicht und Mäßigung sind in unserer Gesellschaft generell keine populären Werte. Verzicht ist häufig negativ besetzt und mit der Einschränkung der persönlichen Freiheit gleichgesetzt“, sagt Studienautorin Petra Riefler von der Universität für Bodenkultur (Boku). In einer ähnlichen Untersuchung im vergangenen Jahr habe sich gezeigt, dass bewusster Verzicht eher nur dann geübt wird, wenn Ich-bezogene Gründe vorlagen, heißt es am Mittwoch in einer Aussendung der Boku.

“Ein Gefühl persönlicher Freiheit“

Nach den Corona-bedingten Erfahrungen sehe das Bild etwas anders aus, wie die ersten Auswertungen einer Erhebung im Mai unter 278 Haushalten ergaben. So konnten etwa 80 Prozent der Teilnehmer dem Lockdown auch Positives abgewinnen. Viele hätten über „ein Gefühl von persönlicher Freiheit und geistigem Wohlbefinden, gefolgt von finanzieller Entlastung durch weniger Konsum“ berichtet oder eine stärkeren Verbindung mit der Natur verspürt.

Immerhin 52 Prozent der Teilnehmer an der noch nicht in einer Fachpublikation vorgestellten Studie gaben überdies an, sich nun vorstellen zu können, auch für den Klimaschutz den Konsum zurückzufahren. Rund ein Drittel erklärte, dass Verzicht nach dem Lockdown leichter falle. Dieser Befund ziehe sich durch alle Altersgruppen und Bildungsschichten, auch Geschlechterunterschiede fanden die Forscher keine. „Während Appelle etwa für weniger Flugreisen, Fleischkonsum oder billige Mode häufig auf Gegenargumente und Widerstand stoßen, stellt sich die Frage, ob positive Erfahrungen der Konsumreduktion auf persönlicher Ebene auch den Weg für die Zukunft bereiten können. Wer das Gefühl hat, selbst davon etwas zu haben, ist vielleicht auch bereit, freiwillig zu reduzieren“, so Riefler.