Caldera des Vulkans Okmok in den Aleuten,
Kerry Key, Scripps Institution of Oceanography
Kerry Key, Scripps Institution of Oceanography
Geschichte

Vulkan brachte Römische Republik ins Wanken

Historikerinnen und Historiker haben schon lange vermutet, dass sich das Klima gegen Ende der Römischen Republik abrupt verschlechtert und damit zu ihrem Untergang beigetragen hat. Laut einer neuen Studie war dafür der Ausbruch eines Vulkans verantwortlich, der sich am anderen Ende der Welt befindet – in Alaska.

In der Zeit um Julius Cäsars Tod im Jahr 44 vor Christus, so kann man in historischen Quellen nachlesen, sei es ungewöhnlich kalt gewesen. Das habe in der Mittelmeer-Region zu Missernten, Hungersnöten, Seuchen und Unruhen geführt. Und schließlich trugen die Folgen des extremen Klimas zum Untergang der Römischen Republik und zur Errichtung des Kaiserreichs bei.

Dass an dieser schnellen Klimaveränderung ein Vulkanausbruch schuld war, der die Atmosphäre verdunkelte und damit abkühlte, wurde lange spekuliert. Einer der „Verdächtigen“ war der Ätna auf Sizilien, der 44 v. Chr. ausbrach. Seinen Einfluss halten die Autoren und Autorinnen einer nun in der Fachzeitschrift „PNAS“ erschienenen Studie aber für eher gering.

Durchmesser von zehn Kilometern

Ihnen zufolge lag es am Vulkan Okmok auf den Aleuten-Inseln vor Alaska, der ein Jahr nach dem Ätna gewaltig explodierte. Die Explosion schleuderte schwefelhaltige Gase und Asche über 30 Kilometer hoch in die Atmosphäre und hinterließ einen Sprengkrater mit einem Durchmesser von zehn Kilometern. Die Folgen waren global. Kleinste Schwefelsäure-Tröpfchen verblieben über zwei Jahre lang in der Atmosphäre – und sorgten in der nördlichen Hemisphäre für eine der kältesten Phasen der vergangen 2.500 Jahre.

Satellitenbildaufnahme der Insel Umnak in der Kette der Aleuten-Inseln, die zum Pazifischen Feuerring gehören. Auf der Insel erhebt sich Okmok als breiter Schildvulkan 1073 Meter über dem Meeresspiegel
NASA Earth Observatory, U.S. Geological Survey, Joshua Stevens
Satellitenbildaufnahme der Insel Umnak in der Kette der Aleuten-Inseln, die zum Pazifischen Feuerring gehören. Auf der Insel erhebt sich Okmok als breiter Schildvulkan 1.073 Meter über den Meeresspiegel.

„Es ist faszinierend, Belege dafür zu finden, dass die Eruption eines Vulkans auf der anderen Seite der Erde womöglich zum Untergang der Römischen Republik und Kleopatras mit beigetragen hat“, sagt Joe McConnell vom Desert Research Institute in Reno, USA, der das internationale Forschungsteam leitete: „Das zeigt, wie verflochten die Welt bereits vor über 2.000 Jahren war.“

Eisbohrkern aus Grönland untersucht

Seinen Anfang nahm das Projekt, als McConnell und der Klimaforscher Michael Sigl von der Universität Bern bei der Analyse eines Eisbohrkerns aus Grönland eine Entdeckung machten: Sie stießen auf eine außergewöhnlich gut erhaltene Schicht von feinster Vulkanasche und beschlossen, diese Eisprobe mit weiteren Kernen aus Grönland und Russland zu vergleichen. „Die Daten von insgesamt sechs Eiskernen belegen eindeutig, dass der Ausbruch des Okmok 43 vor Christus einer der größten der vergangenen 2.500 Jahre war“, erklärt Michael Sigl.

In einem nächsten Schritt führten die Forscherinnen und Forscher geochemische Analysen der aus dem Eis extrahierten Asche durch. Damit konnte der Okmok zweifelsfrei durch seinen „Fingerabdruck“ als Quelle des Ausbruchs identifiziert werden; ebenso konnte festgestellt werden, welche Mengen an Schwefelgas wann und wo in die Atmosphäre gelangt waren. „Diese Informationen erlaubten uns, die Folgen des Okmok-Ausbruchs realistisch zu simulieren“, so Michael Sigl.

Bis zu sieben Grad kälter

Ergebnis dieser Simulation: Auf der Nordhemisphäre war es im Sommer und Herbst der Jahre 43 und 42 vor Christus durchschnittlich drei Grad Celsius und möglicherweise bis zu sieben Grad kälter als normal. In ganz Südeuropa war es nicht nur kalt, sondern auch feucht; dementsprechend schlecht fiel die Ernte aus.

Die Sommerniederschläge, so die Modellberechnungen, lagen zwischen 50 und 120 Prozent höher als gewöhnlich, und im Herbst regnete es gar viermal so viel wie üblich. Die Leidtragenden dieser Klimaextreme waren unter anderem die sich in einem blutigen Bürgerkrieg gegenüberstehenden Armeen der Mörder von Cäsar und seiner Nachfolger, wie der antike Geschichtsschreiber Plutarch eindrücklich berichtet.

Analyse der Schwefelkonzentrationen eines grönländischen Eisbohrkerns im  Kühlraum des Desert Research Institute
Joseph McConnell, Desert Research Institute
Analyse der Schwefelkonzentrationen eines grönländischen Eisbohrkerns im Kühlraum des Desert Research Institute

Getreidemangel in Ägypten

Ganz anders waren die Folgen des Vulkanausbruchs in Alaska für Ostafrika. Der Sommermonsun verschob sich in den Süden, und in Ägypten blieb die jährliche Sommerflut des Nils vollständig aus, was sich verheerend auf die Getreideproduktion auswirkte. In historischen Quellen wird denn auch von Nahrungsmittelknappheit und Hungersnot berichtet, was Königin Kleopatra davon abhielt, die Bürgerkriegsparteien mit dringend benötigtem Getreide zu versorgen.

Die Autorinnen und Autoren der Studie zu den Folgen des Okmok-Ausbruchs räumen ein, dass es unterschiedliche Faktoren waren, die zum Fall der Römischen Republik und auch des ptolemäischen Königreichs beitrugen. Aber sie sind überzeugt, dass der Vulkanausbruch in Alaska und die dadurch ausgelösten abrupten Umweltveränderungen zusätzliche Stressfaktoren für diese antiken Reiche darstellten.