Alte Mobiltelefone
AFP/GREG BAKER
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Abfall

Elektroschrott-Berg wächst stark

Elektrogeräte wie Kühlschränke, Fernseher und Handys werden heute meist schnell ausgetauscht anstatt repariert. Weltweit betrachtet wird das zu einem großem Problem – denn viel zu wenig wird recycelt. Laut dem „Globalen E-Schrott Monitor 2020“ wächst der Elektroschrott-Berg jedes Jahr. 2019 waren es mehr als 50 Mio. Tonnen.

Wer schon mal vor einem Kreuzfahrtschiff gestanden hat, der weiß: So ein Schiff ist verdammt groß. Und verdammt schwer. Es ist daher kein Zufall, dass die Autoren des „Globalen E-Schrott Monitors 2020“ – einer Bestandsaufnahme über das weltweite Problem mit Elektroschrott – genau diese Meeresgiganten als Vergleichsmaßstab heranziehen. Ihre Rechnung: Man bräuchte 350 Schiffe in der Größe des riesenhaften Dampfers „Queen Mary 2“, um all die ausrangierten Monitore, weggeworfenen Handys und entsorgten Kühlschränke aufzuwiegen, die die Menschheit im vergangenen Jahr produziert hat. Es ist eine gewaltige Zahl. Für ein gewaltiges Problem.

Der globale Berg an Elektroschrott wächst immer weiter. Laut dem soeben veröffentlichten Bericht sind 2019 seien 53,6 Millionen Tonnen zusammengekommen, was ein Wachstum von 21 Prozent innerhalb von fünf Jahren bedeute. Die Autoren bezeichnen es als Rekord. Und die Prognose sieht nicht anders aus: Im Jahr 2030 seien 74 Millionen Tonnen zu erwarten. Gezählt wird dabei alles, was einen Stecker oder eine Batterie hat.

Innovation und kurze Lebensdauer

Die Gründe dafür sind vielfältig. Einer ist natürlich ganz simpel: die technische Innovation. Hersteller denken sich immer neue Dinge aus, die das Leben erleichtern oder auch nur Spielerei sind. „Das ist der wackelnde Hund, das ist das elektrische Werkzeug für den Garten, das sind intelligente Kleidungsstücke, die den Puls messen“, sagt Rüdiger Kühr, einer der Mitautoren des Berichts. Ein anderer Grund: Ein größerer Teil der Weltbevölkerung habe mittlerweile die Möglichkeit, sich bestimmte Geräte zu leisten, so Kühr.

Berg von alten Elektrogeräten
AFP/CHARLY TRIBALLEAU
Viele Altgeräte landen einfach auf dem Müll

Dass aus der großen Masse dann auch schnell viel Schrott wird, liegt an der mitunter kurzen Lebensdauer vieler Geräte. Hinzu kommt, dass es oft nur unter größten Mühen gelingt, sie bei einem Defekt zu reparieren. Wer mal erwogen hat, den Akku an seinem Handy auszutauschen, kennt das Phänomen.

Einen Zuwachs stellten die Experten unter anderem bei ausrangiertem Equipment fest, das zur Regulierung von Temperatur dient – also zum Beispiel bei Klimaanlagen und Kühlschränken (plus sieben Prozent im Vergleich zu 2014). Pro Kopf betrachtet führt Europa die Statistik an. 16,2 Kilogramm trug durchschnittlich jeder Europäer 2019 zum E-Schrott-Berg bei.

Wertvolle Materialien

Das Problem ist dabei nicht nur die Masse, sondern auch wie mit ihr umgegangen wird. Nach Berechnungen der UN-Experten wurden 2019 nur 17,4 Prozent des produzierten E-Schrotts eingesammelt und recycelt. Die Recycling-Aktivitäten könnten nicht Schritt halten mit der Geschwindigkeit, in der neuer Schrott produziert werde, stellten sie fest. Europa schneidet dabei mit einer Recycling-Quote von 42,5 Prozent noch am besten ab. Asien liegt an zweiter Stelle mit nur 11,7 Prozent. Afrika hat die niedrigste Quote mit 0,9 Prozent.

Problematisch ist das, weil in den Geräten noch kostbare Materialien schlummern – ob Gold, Silber, Kupfer oder Platin. Der reine Materialwert des Elektroschrott-Berges 2019 wird in der Studie mit 57 Milliarden US-Dollar beziffert, einer Summe, die größer ist als das Bruttoinlandsprodukt vieler Länder. Die meisten dieser wertvollen Stoffe landen aktuell aber auf einer Müllkippe oder werde verbrannt.

Eine Lösung könnten stärkere Anreize sein, Geräte ordnungsgemäß wegzubringen. Zum Beispiel eine Ermäßigung auf ein neues Gerät, wenn man das alte abgibt. Kühr verwies darauf, dass es bereits ein Umdenken in anderen Umweltbereichen gegeben habe, etwa beim Plastikmüll. „Ich würde mir wünschen, dass das ähnlich auch für Elektroschrott alsbald passiert“, sagte er. „Weil wir sonst wirklich auf eine ganz große Krise zulaufen.“