Linzer Hauptplatz mit Pestsäule
APA/BARBARA GINDL
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Linz

Klimaschutz beginnt in den Gemeinden

Johannes Horak ist seit Juni für das Linzer Stadtklima verantwortlich: Wie die Stadt grüner und kühler werden soll und wie er selbst mit dem Klimaschutz hält, erklärt der studierte Physiker in einem Interview.

science.ORF.at: Sie haben Physik mit Schwerpunkt Quantennanophysik studiert. Was hat das mit Klimawandel bzw. mit Stadtklimaforschung zu tun?

Horak: Das hat tatsächlich nichts miteinander zu tun. Es hat mich einfach interessiert, als ich zum Studieren nach Wien gegangen bin. Als ich dann am Fraunhofer Institut in Südwestdeutschland war, hat sich mein Fokus verändert. Ich habe dort mit einer Krebsforscherin gesprochen und festgestellt, dass ich der Gesellschaft auch mehr zurückgeben möchte. So habe ich dann das Fachgebiet etwas geändert und mich im Doktorat auf Atmosphärenphysik spezialisiert.

Hatten Sie da auch schon mit dem Thema Stadtklima zu tun?

Horak: Sagen wir so, ich habe das Thema in meiner Studienzeit schon gestreift, als ich an der Veterinärmedizinischen Universität gearbeitet habe. Wir gingen der Frage nach, was passiert, wenn Tiere oder im schlimmsten Fall Kinder im Auto gelassen werden und sich der Wagen im Sommer schnell aufheizt. Das ist jetzt nicht unbedingt ein stadtspezifisches Thema. Aber die Konzepte, die man da braucht, um zu beschreiben, wie sich das Auto erwärmt, die sind auch in der Stadtklimatologie entscheidend.

Welche Aufgaben haben Sie nun als Stadtklimatologe in Linz?

Horak: Einerseits ist es meine Aufgabe zu beobachten, wie sich die Klimaerwärmung auf die Stadt auswirkt, wie sich Linz besser daran anpassen kann und auch wie die Stadt klimafreundlicher werden könnte. Es geht beispielsweise darum zu schauen, ob sich bestimmte Bauprojekte positiv oder negativ auf das Stadtklima auswirken könnten. Je nachdem, wie verglast die Fassade beispielsweise ist, muss man auch mit einer gewissen Reflexion von Sonnenstrahlung rechnen, die dann lokal das Temperaturempfinden negativ beeinflussen kann. Oder ein Gebäude würde etwa den Zufluss von kalter Luft blockieren. Hier gibt es beispielsweise drei Gräben, wie den Haselgraben, die kühlere Luft in die Innenstadt bringen. Auf der anderen Seite geht es darum Stadtteile ausfindig zu machen, wo im Sommer leicht Hitzeinseln entstehen können. Hier braucht es dann sinnvolle Gegenmaßnahmen. Um das aber sinnvoll machen zu können, wird aktuell eine Stadtklimaanalyse von der Firma Weatherpark durchgeführt, die Ende des Jahres, Anfang nächsten Jahres fertig sein soll.

Was schaut man sich da an?

Horak: Es geht darum, genau zu wissen, wo sich in der Stadt leichter Hitzeinseln bilden können und wo es wiederum Kaltluftzuflüsse gibt. Diese stadtklimatische Karte soll dann sensible Stadtgebiete aufzeigen, in denen Eingriffe behutsam erfolgen sollten. Wie genau sich ein konkreter Eingriff auswirkt, kann dann erst mit Modellsimulationen eruiert werden.

Die Wallfahrtskirche auf dem Pöstlingberg mit dem Blick über Linz
APA/HELMUT FOHRINGER
Pöstlingberg, Linz

Sie haben ihren Job erst seit ein paar Wochen – sehen Sie jetzt schon Problemstellen, die dringend angegangen werden müssen?

Horak: Intuitiv fallen einem da ein paar Stellen auf, wie beispielsweise der Hauptplatz, wo sich leicht Hitzeinseln bilden, weil er sehr breit ist und die Sonne schon früh auf den Platz scheint. Hier ist Begrünung sicher sinnvoll. Einerseits erzeugen Bäume Schatten, wodurch sich der Asphalt nicht so stark aufheizt. Andererseits ist die Strahlungstemperatur an heißen Tagen unter einem Baum um einige Grad Celsius geringer als in der direkten Sonne. Darüber hinaus kühlen Bäume durch Verdunstung die Umgebungsluft. Das soll einfach das Stadtklima speziell im Sommer erträglicher machen. Hier gibt es schon konkrete Pläne.

Es ist allgemein eine Bauminitiative in Linz geplant. Wie weit ist man hier?

Horak: Genau, im Kernstadtgebiet sollen 1.000 Bäume gepflanzt werden. Hier wurden bereits Vorstudien gemacht, um zu sehen, in welchen Straßen die Sonne besonders lange auf den Asphalt scheint und wo auch genug Platz für Bäume ist. Bis jetzt wurden elf Straßen ausgewählt. In einem Pilotprojekt sollen nun die ersten drei Straßen bepflanzt werden.

Reicht es, Bäume zu pflanzen, um die Stadt klimakrisenfest zu machen?

Horak: Grundsätzlich gibt es da ein ganzes Repertoire an Dingen, die man in diesem Zusammenhang tun kann. Einerseits geht es darum, den öffentlichen Verkehr und den Radverkehr auszubauen. Fassaden und Dächer zu begrünen, was auch bereits gemacht wird. Man sollte Flächen entsiegeln und begrünen. Dadurch wird weniger Wärme gespeichert und es entstehen nicht so leicht Hitzeinseln. An besonders heißen Tagen würden auch große Hochstrahlbrunnen Abkühlung bringen oder Wassernebel, wie sie teilweise schon an Hitzetagen installiert werden. Das alles löst nicht die Klimakrise, es kann aber ein bisschen dazu beitragen, dass die besonders heißen Phasen ein wenig erträglicher werden.

Die Klimaerwärmung ist ein globales Problem. Was bringt es, wenn eine Stadt wie Linz klimafreundlicher und grüner wird?

Horak: Das ist richtig, man kann die ganze Stadt mit Bäumen vollpflanzen, wird dem Klimawandel damit aber nicht entgegentreten können. Das Problem kann man aber nur lösen, wenn jeder seinen Beitrag leistet. Dabei ist jeder noch so kleiner Beitrag wichtig und wir sind hier nicht allein. Angenommen andere Städte reduzieren ihren CO2-Ausstoß auch um die Hälfte, dann bewirkt das was. Und da greift das Argument nicht, wir sind nur so klein, was können wir schon bewirken. Man ist auch argumentativ in einer schlechteren Position, wenn man anderen erklärt, dass sie was machen müssen, man selbst aber nichts tut. Aber natürlich geht es auf der Ebene der Stadt vor allem darum, sich an die Klimaerwärmung anzupassen. Hitzephasen werden mehr und länger und die sollen so erträglich wie möglich werden.

Wie halten sie es denn selber mit dem Klimaschutz?

Horak: Es war ein gewisser Reifeprozess auch bei mir. Als ich jünger war, habe ich noch weniger dran gedacht. Heute bemühe ich mich, innerhalb Europas beispielsweise nur mit dem Zug zu reisen, weniger Fleisch zu essen und meine täglichen Strecken fahre ich mit dem Rad. Das sind so kleine Dinge, die man selber machen kann. Natürlich hat nicht jeder die Möglichkeit, solche Ratschläge zu befolgen und nicht jeder will das auch, was ok ist. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass jeder irgendeinen Beitrag leisten kann.

Es gibt in Österreich außer in Linz noch in der Stadt Graz einen Stadtklimatologen. Auch in Deutschland gibt es teilweise diese Funktion. Gibt es hier ein kleines Netzwerk und tauscht man sich mit anderen aus?

Horak: Auch in Wien gibt es eine Abteilung, die für diese Fragestellungen zuständig ist und in Deutschland gibt es in Stuttgart schon eine langjährige Expertise im Bereich der Stadtklimatologie, die sich teilweise schon in den 1930er Jahren Gedanken darüber gemacht haben. Ich kann nur so viel sagen, dass wir schon planen, uns zu vernetzen. Man muss nicht für alles das Rad neu erfinden und normalerweise profitieren alle Seiten davon, wenn man Erfahrungen austauscht.