Eisbedeckte Insel in der Hohen Arktis
CLEMENT SABOURIN/AFP
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Verschmutzung

Wind bläst Tonnen Mikroplastik in Ozeane

Der Wind kann winzige Plastikteilchen über weite Distanzen transportieren, selbst in entlegene Gebiete wie die Arktis. Berechnungen zufolge gelangen so jährlich rund 140.000 Tonnen Mikroplastik allein aus dem Straßenverkehr in die Ozeane.

Der Straßenverkehr gilt als bedeutende Quelle für Kunststoffpartikel. Durch Reifenabrieb gelangen pro Jahr 6,1 Mio. Tonnen oder knapp zwei Prozent der gesamten weltweiten Kunststoffproduktion in die Umwelt. Dazu kommen weitere 500.000 Tonnen durch den Verschleiß der Bremsbeläge.

Die Emissionen dieser kleinsten Partikel durch den Straßenverkehr machen damit rund ein Drittel der gesamten globalen Belastung durch Mikroplastik aus. Das Gros davon stammt aus dicht besiedelten Regionen in den USA, Nordeuropa und den stark verstädterten Gebieten Südostasiens.

Auf Schneeflächen abgelagert

Andreas Stohl vom Department für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien hat gemeinsam mit seinen Kollegen vom Norwegian Institute for Air Research (NILU) und dem Internationalen Institut für Angewandte System Analyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien die erste Modellberechnung der globalen Ausbreitung von Mikroplastikteilchen aus dem Straßenverkehr durch den Wind durchgeführt.

Demzufolge landen rund 100.000 Tonnen Partikel kleiner als zehn Mikrometer aus dem Reifenabrieb und weitere 40.000 Tonnen Partikel dieser Größe aus dem Bremsverschleiß in den Weltmeeren. Speziell die kleineren Partikel von weniger als 2,5 Mikrometer können dabei vom Wind über sehr weite Strecken transportiert werden – in Summe sind das laut Studie 68.000 Tonnen.

„Von den insgesamt 140.000 Tonnen vom Wind verblasenen Mikroplastiks aus dem Straßenverkehr werden rund 48.000 Tonnen an schnee- und eisbedeckten Flächen abgelagert“, erklärte Stohl gegenüber der APA. Davon betroffen ist vor allem die Arktis inklusive des Meereises, aber saisonal zum Teil auch Flächen außerhalb der Arktis in hohen Breiten.

Negativer Klimaeffekt

Diese Ablagerungen seien für die generell empfindlichen Ökosysteme in der Region und möglicherweise auch für die Gesundheit der dort lebenden Menschen bedeutsam, so Stohl. Zudem können dunkle Partikel dazu führen, dass die Schnee- und Eismassen schneller schmelzen, da sie die Menge des von der Erdoberfläche reflektierten Sonnenlichts („Oberflächen-Albedo“) verringern. Ein ähnlicher Effekt ist durch die Ablagerung von Ruß in der Arktis bekannt.

Während sich bisherige Studien vor allem dem Transport von Mikroplastik über Flüsse in die Ozeane gewidmet haben, konnten die Forscher in der aktuellen Studie die große Bedeutung des Transports von Mikroplastik durch die Atmosphäre nachweisen. Die vom Wind transportierten Mengen seien in einer ähnlichen Größenordnung wie die geschätzte Gesamtmenge an Mikroplastik, das direkt oder über die Flüsse in den Ozean gelangt – rund 64.000 Tonnen pro Jahr, schreiben die Wissenschaftler in ihrer Arbeit.