Frau mit Schutzmaske auf einer Straße
Reuters/Luisa Gonzalez
Reuters/Luisa Gonzalez
Covid-19

Wie Luftverschmutzung zur Pandemie beiträgt

Warum erkranken und sterben in manchen Regionen mehr Menschen an Covid-19 als in anderen? Ein wesentlicher Faktor könnte die Luftqualität sein. Das scheint nun eine aktuelle Studie aus den Niederlanden zu bestätigen.

Mit Anfang Juni verzeichneten die niederländischen Behörden rund 6.000 Covid-19-Todesfälle. Damit rangierten die Niederlande auf die Bevölkerung gerechnet unter den sieben am stärksten betroffenen Ländern weltweit. Geht es nach einer aktuellen Analyse von britischen und Schweizer Forschern, könnte das auch an der schlechten Luftqualität in manchen Regionen liegen.

Schon ein Mikrogramm mehr Feinstaub pro Kubikmeter Luft erhöhe die Zahl der Coronavirus-Infizierten sowie die Anzahl an Menschen, die im Spital behandelt werden müssen, um jeweils zehn Prozent. Bei den Todesfällen sind es sogar um rund 15 Prozent mehr. Zu diesem Ergebnis kamen die Forscher, nachdem sie 355 niederländische Gemeinden untersucht und mit den Fallzahlen der Coronavirus-Epidemie in Beziehung gesetzt hatten.

Die Studie

„Air Pollution Exposure and COVID-19“, Environmental and Resource Economics.

Hotspots „auf dem Land“

Es ist nicht die erste Studie, die einen Zusammenhang zwischen chronisch schlechterer Luft und hohen Covid-19-Fallzahlen zeigt. Ungewöhnlicherweise liegen die Coronavirus-Hotspots hier aber weniger in Städten wie Amsterdam und Rotterdam. Vielmehr sind in den Niederlanden ländliche Gebiete wie die südlichen Regionen Nordbrabant und Limburg wesentlich stärker betroffen. Laut den Studienautoren liegt das vor allem an der dauerhaften Luftverschmutzung, die dort durch die intensive Viehzucht verursacht wird.

„In diesen Regionen leben 63 Prozent von den insgesamt zwölf Millionen Schweinen und 42 Prozent von den in Summe 101 Millionen Hühnern, die in den Niederlanden gezüchtet werden“, schreiben die Forscher in ihrer Analyse im Fachblatt „Environmental and Resource Economics“. Eine derart intensive Viehzucht verursacht große Mengen Ammoniak (NH3). Die gasförmige Verbindung reagiert mit anderen Luftschadstoffen und trägt zur Feinstaubbildung bei.

Während vergleichbare Statistiken bisher unter anderem dafür kritisiert wurden, dass „Großstadtrisikofaktoren“ wie beispielsweise eine größere Einwohnerdichte nicht ausreichend berücksichtigt werden können, fällt dieser Aspekt hier weg. Abgesehen davon haben die Forscher auch noch weitere Aspekte wie Alter, Gesundheit, Einkommen bis hin zu den großen Faschingsumzügen im Februar herausgerechnet, um den Einfluss schlechter Luft bestmöglich beurteilen zu können.

Statistischer Zusammenhang: Ursache unklar

Doch auch wenn das Ergebnis einen eindeutigen, statistisch signifikanten Zusammenhang nahelegt, sagt die Analyse nichts darüber aus, ob die schlechte Luft tatsächlich die höhere Anzahl an Fällen, schwereren Verläufen bis hin zu Todesfällen verursacht hat. Welche Rolle die Luftverschmutzung tatsächlich spielt, werden letztlich nur individuelle Untersuchungen zeigen können. Das braucht Zeit.

Dass es bei einem Virus wie SARS-CoV-2, der Lungenerkrankungen verursachen kann, eine Rolle spielt, wie sehr die Lungen durch Luftverschmutzung belastet sind, scheint naheliegend. Schon bei der ersten SARS-Pandemie im Jahr 2003 hatten Menschen in Regionen mit sehr schlechter Luft ein doppelt so hohes Risiko, an den Folgen der Lungenerkrankung zu sterben, wie jene, die in Gegenden mit sauberer Luft lebten. Auch bei leichter Luftverschmutzung war das Risiko noch um 84 Prozent erhöht.

Wie Studien in der Vergangenheit immer wieder zeigten, belasten Reizgase wie Stickstoffdioxid sowie Feinstoffpartikel die Atemwege. Feinstaub kann darüber hinaus auch dem Herz-Kreislauf-System schaden. Insbesondere kleinste Teilchen (PM 2.5) können in Blutgefäße gelangen und diese verkalken. Sie schädigen die Blutgefäße auf ähnliche Weise wie Rauchen, Bluthochdruck und Diabetes.