Forscher mit Petrischale im Labor
stanislavss – stock.adobe.com
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Jungbrunnen

Forscher stoppen Alterung von Zellen

Was genau passiert, wenn wir altern? Das fragen sich Wissenschaftler seit vielen Jahren. Nun haben Molekularbiologen einen entscheidenden Mechanismus entschlüsselt – und im Experiment die Lebensdauer von Hefezellen verdoppelt. Im Prinzip könnte diese Methode auch beim Menschen funktionieren.

Die Zellen eines Menschen altern ein Leben lang und sterben irgendwann ab. Mit den Zellen altert auch der Mensch. Dabei geht eine wichtige Dienstleistung sukzessive verloren: Die Zellteilung bzw. die Bildung neuer Zellen. Wenn beispielsweise Hautzellen altern, verlieren sie die Fähigkeit, neue Zellen zu produzieren und alte zu ersetzen. Dadurch können Hautschäden immer schwerer repariert werden.

„Besonders dramatisch ist das bei Stammzellen, die auch Organe mit frischen Zellen beliefern. Mit der Zeit wird der Vorrat an produktiven Stammzellen immer kleiner, die Organe werden nicht mehr mit neuen Zellen versorgt und lassen nach“, erklärt der Molekularbiologe Nan Hao von der Universität Kalifornien in San Diego gegenüber science.ORF.at.

Gemeinsam mit Computerwissenschaftlern und Ingenieuren haben der Molekularbiologe und sein Team nun möglicherweise entschlüsselt, wie der Alterungsprozess von Zellen genau funktioniert. Zumindest bei Zellen von Hefepilzen. Der Ansatz ist nicht ungewöhnlich. Da es sich dabei wie beim Menschen und bei Saugetieren um Lebewesen mit einem Zellkern handelt, wird Hefe gerne auch in Krebs- oder Medikamentenforschung verwendet.

Zwei Alterungspfade

Schließlich kristallisierten sich bei der Analyse zwei Wege heraus: Die eine Hälfte altert, indem der Nukleolus zunehmend instabiler wird. Dabei handelt es sich um Kernkörperchen im Inneren des Zellkerns, die Ribosomen produzieren. Das heißt, sie erzeugen jene Fabriken, die Proteine herstellen, die wiederum bekanntlich unterschiedliche Funktionen im Körper steuern. Die andere Hälfte der Zellen geht einen anderen Weg und altert, indem die Mitochondrien, die “Kraftwerke der Zelle", zunehmend gestört werden. „Die Zellen entscheiden sich dabei schon früh, ob sie den ‚Nukleolus-Weg‘ oder den ‚Mitochondrien-Weg‘ gehen und verfolgen ihn bis zum Ende“, so Hao.

Wie sich herausstellt, liegt hinter dieser „Entscheidung“ eine Art molekularer Schaltkreis: „Im Zentrum stehen zwei Moleküle, Sir2 und Häm, die sich gegenseitig regulieren. Ist also das eine Molekül aktiv, ist das andere deaktiviert und umgekehrt. Damit ist auch jeweils ein Alterungsweg offen und einer blockiert.“ Dieser Mechanismus bzw. die Interaktion der Moleküle wurde erst im Computermodell sichtbar. Mit diesem Modell konnten die Forscher nun auch herumexperimentieren und versuchen, den Alterungsprozess zu verlängern. Es gelang.

Dritter Pfad: Länger gesund?

Nan Hao und sein Team manipulierten den molekularen Schaltkreis genetisch (mit einer Überexpression von Sir2) und kreierten dadurch einen neuen Alterungspfad. „Bei diesem neuen Pfad bleibt der Zellzyklus immer normal. Das heißt, die Zellteilung wird nicht langsamer, wie das normalerweise der Fall ist, sondern die Zelle bleibt jung.“ Die Hefezellen lebten dadurch nicht nur doppelt so lange wie zuvor, sie konnten auch mehr Zellen bilden.

Auf den Menschen übertragen wäre es zumindest theoretisch möglich, mit den Zellen länger gesund und fit zu bleiben und das Altern hinauszuzögern, erklärt Hao. Ob diese Türe tatsächlich eines Tages geöffnet wird, hängt nicht nur von zahlreichen weiteren Forschungen mit komplexeren Organismen und möglicherweise auch menschlichen Zellen ab. Die Frage ist auch, ob die Gesellschaft das will.