Tauende Permafrostböden im Yukon Delta, Alaska
MARK RALSTON/AFP
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Klimawandel

Fataler Kreislauf im Permafrost

Die tauenden Permafrostböden in der Arktis werden in Zukunft deutlich mehr Treibhausgase freisetzen als bisher angenommen. Verantwortlich dafür ist ein unscheinbarer Effekt mit globalen Folgen: der Nährstoffaustausch zwischen Pflanzen und Bodenmikroben.

Im Permafrostboden ist mehr Kohlenstoff gespeichert als in allen Pflanzen und der Atmosphäre zusammen. Im Sommer taut eine dünne Schicht dieser Böden auf, wodurch Mikroorganismen den Humus abbauen können und Treibhausgase – wie Kohlendioxid und Methan – freigesetzen. Durch den Klimawandel beschleunigt sich dieser Prozess, die Treibhausgasemissionen steigen somit weiter an.

„Priming-Effekt“ erhöht Emissionen

Verschärft wird dieses Problem durch den „Priming-Effekt“, den ein Forscherteam um Birgit Wild von der Universität Stockholm nun erstmals in Modellrechnungen berücksichtigt hat. Dieser Effekt wird durch Pflanzen verursacht, die im aufgetauten Boden wurzeln. Sie geben Kohlenstoff etwa in Form von Zuckern an den Boden ab. Die dort befindlichen Mikroorganismen wachsen dadurch besser – und zersetzen noch mehr Humus.

Grafik: Wie der „Priming-Effekt“ zu noch mehr Emissionen führt
INproduktie, Amsterdam/Andreas Richter

Wie die Forscherinnen um Wild im Fachblatt „Nature Geoscience“ schreiben, kombinierten sie für ihre Studie Informationen über die mikrobiellen Aktivitäten und Wurzelverteilungen mit Daten zu Kohlenstoffkonzentrationen im Boden. „Das hat uns letztlich erlaubt, die Auswirkungen des Priming-Effekts auf die Treibhausgasemissionen zu berechnen“, erklärt Studien-Koautor Andreas Richter vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaften der Universität Wien.

„Haben noch weniger Spielraum“

Resultat der Modellrechnungen: Der „Priming-Effekt“ erhöht die Aktivität der Mikroorganismen im Boden um etwa zwölf Prozent. Bis zum Jahr 2100 werden dadurch zusätzlich etwa 40 Gigatonnen Kohlenstoff aus dem auftauenden Permafrost in die Atmosphäre entweichen. Das entspricht etwa einem Viertel des verbleibenden „Kohlenstoffbudgets“, das der Mensch zur Verfügung hat, um die Erde nicht mehr als 1,5 Grad zu erwärmen. „Wir Menschen haben also noch weniger Spielraum als gedacht“, so Richter.