Rakete Langer Marsch 5 ist bereit für den Start
CHINA NATIONAL SPACE ADMIN. CNSA
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Tianwen-1

China startet erstmals zum Roten Planeten

Es wird voll auf unserem Nachbarplaneten: Nach Europa, den USA, Indien und den Vereinigten Arabischen Emiraten bricht nun auch China in Richtung Mars auf. Die Mission Tianwen-1 ist bereit für den Start. Am Donnerstag soll die Trägerrakete auf dem Weltraumbahnhof Wenchang abheben.

„Fragen an den Himmel“ – so in etwa lautet die Übersetzung von „Tianwen“: eine Sonde, die den Mars umkreist; und ein Rover, der auf ihm landet. An den Tests der Magnetometer war die Österreichische Akademie der Wissenschaften beteiligt. „Sensoren auf dem Mars sind großen Temperaturunterschieden ausgesetzt“, erzählt Werner Magnes vom Institut für Weltraumforschung (IWF) in Graz.

Die Mission:

Tianwen-1, „Fragen an den Himmel“

Ö1 Sendungshinweis:

Dem Thema widmen sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 22.7.20 um 13:55 Uhr.

Während es im Sommer auf dem Mars tagsüber mit rund 20 Grad Celsius bisweilen angenehm temperiert ist, fallen die Temperaturen in Winternächten auf weit unter minus hundert Grad Celsius. „Über diesen weiten Temperaturbereich müssen die Sensoren eines Experiments vorher auf dem Boden getestet werden“, gibt Magnes zu Bedenken. Beim IWF gebe es eine Anlage, mit der sich Magnetfeldsensoren auf sehr tiefe Temperaturen abkühlen ließen. „Damit verfügen wir über einen Testaufbau, der den Kollegen in China so nicht zur Verfügung steht – und deswegen sind diese Tests bei uns durchgeführt worden.“

Vier Augen sehen mehr als zwei

Bei Teilen des Marsmagnetfeldes sprechen Geologen von Krustenmagnetismus. Er stammt unter anderem von eingefrorenen Lavaströmen früherer Vulkanausbrüche. Die chinesische Marssonde wird jedoch nicht nahe genug an die Oberfläche heranfliegen, um diesen Krustenmagnetismus messen zu können. Vielmehr soll sich Tianwen-1 Magnetfeldern in der Ionosphäre widmen, ab einer Höhe von 100 Kilometern aufwärts. Diese sogenannten sekundären Magnetfelder entstehen als Wechselwirkung des Sonnenwindes mit der Marsatmosphäre.

Chinas Marssonde wird gleich über zwei Magnetometer verfügen: eines auf dem Orbiter und eines auf dem Rover. Gemeinsam mit anderen Magnetometern, die schon vor Ort sind – an Bord der US-amerikanischen Sonden MAVEN und InSight – sollen erstmals sogenannte Multipunktmessungen auf dem Mars vorgenommen werden. Denn vier Augen sehen mehr als zwei. Zwei Sonden auf der Oberfläche und zwei in unterschiedlichen Umlaufbahnen um den Mars sollen das Marsmagnetfeld zeitgleich präzise vermessen. „Das wäre für Wechselwirkungs-Untersuchungen zwischen Sonnenwind und Atmosphäre von entscheidendem Vorteil. So konnte das bislang noch nie gemacht werden“, betont Magnes.

Chinas erste interplanetare Mission

In den vergangenen Jahren hat China bewiesen, dass es Menschen ins All und Rover auf die Rückseite des Mondes schießen kann. Gelingen Tianwen-1 die geplanten Manöver, wäre dies die erste erfolgreiche Mission Chinas zu einem anderen Planeten. Aber es geht nicht nur um Prestige. Die Sonde ist voller wissenschaftlicher Experimente.

Auch wenn China ein großes Geheimnis um seine erste Marsmission macht: Das Land kooperiert durchaus mit westlichen Partnern. Das betrifft nicht nur Experimente mit Magnetometern. „Es gibt eine Art ideale Kontinuität zwischen Europas Sonde MarsExpress und der neuen chinesischen Mission Tianwen-1“, erklärt Roberto Orosei vom Nationalen Institut für Astrophysik im italienischen Bologna. Beide tragen Radarinstrumente an Bord, die in den Marsboden eindringen. Und beide Experimente haben zum Ziel, dort Wasser zu finden.

Spuren von Leben?

Wasser auf der Marsoberfläche kann sich dort aufgrund des geringen Atmosphärendrucks nicht halten. An den Marspolen kommt Wasser als Eis vor, so wie am Nord- und am Südpol der Erde. Spannend jedoch wäre Wasser in flüssiger Form. „Je tiefer man in den Boden eindringt, desto wärmer wird es“, sagt Orosei. Ab einer bestimmten Tiefe werde deswegen Eis im Boden flüssig. „Suchen wir nach unterirdischem Wasser, halten wir damit gleichzeitig nach früherem oder sogar heutigem Leben Ausschau“, so der italienische Astrophysiker. „Das ist das Aufregende bei der Suche nach Wasser auf dem Mars!“

Europas Sonde MarsExpress hat starke Hinweise auf einen flüssigen Wasserozean unter dem Marssüdpol geliefert. Die Mission wird jedoch in Kürze auslaufen und diese Messungen bis dahin wohl nicht bestätigen können. Die Chinesen haben nun ein ähnliches Radar an Bord. „Wir gehen davon aus, dass sie da weitermachen werden, wo wir Europäer aufgehört haben“, mutmaßt Roberto Orosei. „Wir hoffen, so am Ende eine globale Karte der Wasservorkommen unter den Eiskappen des Mars zu erhalten.“ Gut möglich also, dass ein Teil der chinesischen „Fragen an den Himmel“ in ein paar Jahren beantwortet sein werden. Im Februar 2021 soll Tianwen-1 am Mars eintreffen.