Große Mausohr  (Myotis myotis) im Flug
Olivier Farcy
Olivier Farcy
Super-Immunität

Coronaviren: Lernen von der Fledermaus

Nach mehr als zehnjähriger Arbeit haben Wissenschaftler das Erbgut von Fledermäusen nahezu vollständig entziffert. Die Daten könnten erklären, warum die Tiere so widerstandsfähig sind – und vor allem: warum sie Infektionen mit Coronaviren so gut überstehen.

Sechs Fledermausgenome hat ein weltweites Konsortium von Forschern und Forscherinnen nun im Fachblatt „Nature“ vorgestellt. Dies sei ein wichtiger Schritt, um die einzigartigen Anpassungen der Fledermäuse weiter zu erforschen, sagt die Hauptautorin der Studie, Emma Teeling vom University College Dublin: „Wir können nun besser verstehen, wie Fledermäuse Viren tolerieren, das Altern verlangsamen und Flug und Echoortung entwickelt haben.“

Verwandt mit Hunden, Katzen, Walen

Die Wissenschaftler konnten laut Studie 96 bis 99 Prozent jedes Fledermausgenoms auf Chromosomenebene rekonstruieren – und dies in einer noch nie dagewesenen Qualität. Auch die Verwandtschaftsverhältnisse der Fledermäuse sind nun geklärt. Im Vergleich mit 42 anderen Säugetieren fanden die Forscher heraus, dass Fledermäuse am engsten mit den sogenannten Ferungulata verwandt sind. Zu dieser Gruppe zählen Fleischfresser wie Hunde, Katzen und Robben, außerdem Schupppentiere, Wale und Huftiere.

Kleine Lanzennase (Phyllostomus discolor) im Flug
Brock and Sherri Fenton
Auch das Erbgut der Kleinen Lanzennase (Phyllostomus discolor) wurde entziffert

Das Team um Teeling hatte auch gezielt nach genetischen Veränderungen gesucht, die es nur bei Fledermäusen gibt – und wurden fündig: So stießen sie etwa auf Veränderungen in den Genen des Gehörs, die möglicherweise zur Entwicklung der Echoortung beigetragen haben.

Mutierte Immungene

Außerdem entdeckten sie Duplikationen von antiviralen Genen, Änderungen in Genen des Immunsystems sowie einen Verlust von Erbfaktoren, die mit Entzündungen in Zusammenhang stehen. Diese Veränderungen könnten die außergewöhnliche Immunität der Fledermäuse erklären – darunter auch ihre Toleranz gegenüber Coronaviren.

Die Analyse könnte daher auch von medizinischem Nutzen sein, sagt Teeling. „Mit diesem Wissen über die genetischen Eigenschaften der Fledermäuse lassen sich möglicherweise künftig Alterungsprozesse und Krankheiten des Menschen lindern.“