Neandertaler mit traurigem Ausdruck
©procy_ab – stock.adobe.com
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Anthropologie

Neandertaler-Gen macht schmerzempfindlich

Der vor rund 40.000 Jahren ausgestorbene Neandertaler hatte – genetisch bedingt – eine relativ niedrige Schmerzschwelle. Diese Genvariante lässt sich auch heute noch nachweisen: im Erbgut mancher modernen Menschen.

Das Gen, von dem deutsche und schwedische Forscher nun im Fachblatt „Current Biology“ berichten, kodiert für einen Ionenkanal, der beim der Übertragung des Schmerzimpulses an das Gehirn eine Schlüsselrolle spielt. Anhand von Daten einer umfangreichen Bevölkerungsstudie in Großbritannien zeigen die Studienautoren nun, dass Menschen mit der Neandertaler-Variante des Ionenkanals mehr Schmerzen empfinden. Die entsprechende Variante haben demnach insbesondere Menschen aus Mittel- und Südamerika, aber auch in Europa geerbt.

Ionenkanal leichter aktiviert

„Wie viel Schmerzen Menschen empfinden, ist vor allem vom Alter abhängig“, sagt Studienautor Hugo Zeberg, Forscher am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie sowie am Stockholmer Karolinska-Institut. „Menschen, die die Neandertalervariante des Ionenkanals haben, empfinden mehr Schmerzen – in etwa so, als wären sie acht Jahre älter.“

Dem Wissenschaftler zufolge weist die Neandertaler-Version des Ionenkanals drei Aminosäureunterschiede zu der üblichen „modernen“ Variante auf. Dadurch wird der Kanal leichter aktiviert – was erklären könnte, warum Menschen, die diesen geerbt haben, eine niedrigere Schmerzschwelle haben. „Ob Neandertaler mehr Schmerzen empfunden haben, ist allerdings schwer zu sagen, weil Schmerz sowohl im Rückenmark als auch im Gehirn moduliert wird", erklärt Svante Pääbo vom Leipziger Max-Planck-Institut. Die Studie zeige jedenfalls, „dass die Schwelle zur Auslösung von Schmerzimpulsen bei Neandertalern niedriger war als bei den meisten heute lebenden Menschen.“