Illustration der Spermienbewegung
polymaths-lab.com
polymaths-lab.com
Reproduktion

Wie menschliche Spermien wirklich schwimmen

Menschliche Spermien bewegen sich anders fort als bisher gedacht: Wenn sie zur Eizelle schwimmen, schlängeln sie sich nicht wie ein Aal, sondern drehen sich laut einer neuen Studie eher wie ein Korkenzieher immer in eine Richtung.

„Diese Entdeckung wird unser Verständnis der Spermienbewegung und ihres Einflusses auf die natürliche Befruchtung revolutionieren“, frohlockt der Biochemiker und Studienautor Alberto Darszon von der Autonomen Nationaluniversität in Mexiko-Stadt.

300 Jahre alte Annahme widerlegt

Mit Kollegen hat er eine Annahme erschüttert, die seit über 300 Jahren in den Lehrbüchern steht. Der niederländische Naturforscher Antoni van Leeuwenhoek hatte damals als erster menschliche Samenzellen beschrieben. Unter dem Mikroskop erkannte er auch die längliche Geißel, mit deren Hilfe sie sich fortbewegen. „Wenn Spermien schwimmen, peitschen ihre Geißeln schlangenähnlich, wie Aale im Wasser“, beschrieb es van Leeuwenhoek.

Doch dabei handelt es sich um eine optische Illusion, wie die Forscher nun in einer Studie schreiben, die soeben im Fachmagazin „Science Advances“ erschienen ist. Ein optische Illusion, die der 2-D-Mikroskopie des niederländischen Naturforschers und seiner Nachfolger geschuldet sei.

Spermien bewegen sich wie Korkenzieher

Das – ausschließlich männliche – Forscherteam um Hermes Gadelha von der Universität Bristol hat nun hochauflösende 3-D-Aufnahmen von Spermien gemacht und dabei beobachtet, wie sich ihre Geißeln tatsächlich bewegen (siehe Video oben). Demnach ist die Geißel schief und schlängelt nur auf eine Seite – prinzipiell keine gute Idee, denn das würde zu einer Bewegung im Kreis führen und den Weg zur Eizelle verunmöglichen.

Die Spermien hätten aber eine „schlaue Lösung“ gefunden, wie Hermes Gadelha ausführt: „Sie drehen sich wie Korkenzieher oder Kreisel, während sie schwimmen, sehr ähnlich wie verspielte Otter im Wasser. Das gleicht die einseitige Schlagbewegung der Geißel aus, und die Spermien bewegen sich vorwärts.“

Diagnostisches Potenzial

Mit einem normalen Mikroskop, wie es van Leeuwenhoek verwendet hat und heute noch immer verwendet wird, sei das nicht zu sehen. Die schnellen und synchronisierten Drehbewegungen sähen dabei so aus, als bewege sich der Schwanz symmetrisch von Seite zu Seite.

Das 3-D-Mikroskop hingegen habe die Wahrheit ans Licht gebracht, und diese könne auch praktische Folgen haben. „Mehr als die Hälfte aller Fälle von Unfruchtbarkeit liegen am Mann“, sagt Gadelha. Zu verstehen, wie der Schwanz von Spermien funktioniert und sich bewegt, sei deshalb grundlegend, um in Zukunft ungesunde Exemplare erkennen zu können.