Margot Robbies Haare (Ausschnitt)
Sébastien BERDA / AFP
Sébastien BERDA / AFP
Lebensstil

Was Haare alles verraten

Haare verraten nicht nur etwas über modische Vorlieben. Untersucht man sie chemisch, lässt sich auch feststellen, was ihre Träger und Trägerinnen essen und wie viel Geld sie zur Verfügung haben. Das zeigt eine neue Studie, die zufällig ausgewählte Haarschnipsel aus Friseursalons analysiert hat.

Wer mehr über die Lebensgewohnheiten eines Lebewesens wissen möchte, sollte sich Zähne, Knochen oder Haare genauer ansehen, besser gesagt einer chemischen Analyse unterziehen, einer sogenannten Isotopenuntersuchung. Bio- und Geoelemente wie z.B. Wasserstoff, Kohlenstoff und Strontium kommen in der Natur als Isotope vor – das sind unterschiedliche Atomarten, die sich voneinander nur durch die Anzahl ihrer Neutronen im Atomkern, also durch ihre Masse, unterscheiden. Sie befinden sich in der Luft, im Wasser und im Boden und gelangen so auch in den Nahrungskreislauf von Tier und Mensch. An den typischen Isotopenverhältnissen lässt sich unter anderem ablesen, aus welcher Gegend oder Klimazone jemand stammt.

Schon heute kommt diese Methode in der Gerichtsmedizin zur Anwendung, wenn beispielweise die Herkunft eines unbekannten Toten geklärt werden muss. In der Archäologie ist die Isotopenanalyse ebenfalls beliebt – schon ein paar Knochen verraten, wo und wie Menschen vor Tausenden Jahren gelebt haben. Man kann damit aber auch einen zeitgenössischen Blick auf den Lebensstil der Bevölkerung werfen. Genau das hat das Team um James R. Ehleringer von der University of Utah in den USA nun getan, und zwar hat es mit Hilfe von Haarproben die Ernährung von US-Bürgerinnen und Bürgern untersucht. Isotope verraten nämlich auch, ob jemand eine Vorliebe für Speck und Co. hat oder lieber zu Gemüse greift bzw. wovon er oder sie sich generell ernährt.

Proben vom Friseur

Analysiert wurde dafür das Verhältnis von Kohlenstoff- und Stickstoff-Isotopen. Diese liefern einerseits direkte Hinweise auf konsumierte tierische Produkte wie Fleisch, Milch oder Eier, aber auch indirekte. In den Kohlenstoff-Isotopen zeigen sich laut den Autoren auch Spuren der typischen Futtermittel in der Massentierhaltung. In den USA ist das zu einem überwiegenden Teil Mais. Die meisten anderen pflanzlichen Nahrungsmittel weisen ein anderes Isotopenprofil auf. Auch so kann man Fleischesser und Vegetarier unterscheiden.

Haare werden (mit Schere) abgeschnitten
APA

Für die Proben haben die Forscherinnen und Forscher Friseursalons in 65 Städten im ganzen Land sowie in 29 Postleitregionen rund um Salt Lake City abgeklappert, um liegengebliebene Haarschnipsel zu sammeln. Wer die ehemaligen Trägerinnen und Träger der Abschnitte waren, erfuhren sie dabei nicht. Am Ende hatten sie Haarreste von fast 700 Personen.

Viel billiges Fleisch

Der Anteil an konsumierten tierischen Produkten, die aus der Mais-Tiermast stammen, war laut der Haaranalyse in der Stichprobe generell recht hoch. Im Schnitt lag er bei 57 Prozent, der maximale Anteil sogar bei 75 Prozent. Vermutlich werde ein großer Teil davon außer Haus, in Fast-Food-Lokalen konsumiert.

Besonders in ärmeren Regionen scheinen die Menschen vermehrt zu billigen Proteinen greifen, wie ein Abgleich mit statistischen Daten ergab. In den Orten rund um Salt Lake City ließ sich der Zusammenhang mit den soziökomischen Bedingungen sogar an den Friseurpreisen festmachen: Dort, wo sehr viel tierische Proteine gegessen werden, war sogar der Haarschnitt am günstigsten.

Dass ungesunde Ernährung und Sozialstatus oft zusammenhängen, ist nicht neu; tierisches Protein ist heute eben billig und jederzeit verfügbar, nicht nur in den USA. Abwechslungsreiche Mischkost muss man sich erst leisten können. Das hat auch körperliche Folgen, wie die Studie ebenfalls bestätigt: In den ärmsten Regionen – also dort, wo besonders viel Fleisch gegessen wird – leben auch die meisten übergewichtigen und fettleibigen Menschen.