Computergenerierte Bild der European Space Agency (ESA) zeigt Weltraummüll, der neben intakten Satelliten um die Erde kreist.
APA/ESA
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Raumfahrt

Weltraumschrott aufspüren – nun auch tagsüber

Grazer Forscher haben eine Methode verbessert, mit der man Weltraumschrott von der Erde aus aufspüren kann. Mittels Lasermessung können sie nun die Entfernung von Resten früherer Weltraummissionen in der Umlaufbahn auch bei Tageslicht messen. Bisher war dies nur zu bestimmten Tageszeiten möglich.

Die regen Raumfahrtaktivitäten der vergangenen Jahrzehnte haben der Erde auch eine unglaubliche Anzahl neuer Begleiter beschert. Neben den rund 2.000 aktuell aktiven und in etwa 3.000 bereits ausrangierten Satelliten befinden sich laut Schätzungen der Europäischen Weltraumorganisation ESA momentan rund eine Million Objekte, die größer als einen Zentimeter sind, in diversen Umlaufbahnen, heißt es am Dienstag in einer Aussendung des Instituts für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Graz.

Das Problem dabei ist, dass nur von rund 20.000 dieser menschgemachten Mini-Erdtrabanten mittels Radarmessungen auch regelmäßig die Umlaufbahnen auf einige hundert Meter genau berechnet werden können. Der Rest bewegt sich also auf mehr oder weniger unbekannten Wegen im erdnahen Raum. Auch wenn viele Weltraumschrott-Vertreter klein sind, geht von ihnen eine Gefahr für Satelliten aus – immerhin sind sie mit Geschwindigkeiten von bis zu rund 25.000 km/h unterwegs.

Mit Laser Abstand messen

Die Wissenschaftler des Observatoriums Graz Lustbühel verfolgen schon seit einiger Zeit den Ansatz, Weltraumschrott auch mittels Laserlicht genau zu vermessen. Dabei werden kurze Laserpulse zu den erdnahen Objekten gesendet. Dann werden gestreute Lichtteilchen (Photonen) mit einem Teleskop aufgefangen und mit einem Einzelphotonen-Detektor aufgezeichnet. Aus der Zeit, die zwischen dem Senden und Empfangen vergeht, kann die Entfernung des Objekts berechnet und im zeitlichen Verlauf auch die Bahn bestimmt werden.

Grazer Laserstation am Observatorium Lustbühel
Christian Kettenbach
Die Grazer Laserstation am Observatorium Lustbühel

Damit Weltraumschrott ab rund einem Meter Durchmesser so aufgespürt werden kann, muss er sich vom ihn umgebenden Himmelshintergrund abheben und sichtbar sein. Hat man vorab keine Möglichkeit, optisch abzuschätzen, wo in etwa sich das Objekt befindet, sucht man mit dem Laser nämlich die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen. Daher war die Methode bisher nur in jenen Zeitfenstern einsetzbar, in denen der Schrott von der Sonne beleuchtet wird – sich also nicht im Erdschatten befindet und auf der Erde gleichzeitig weitgehend Dunkelheit herrscht. Das trifft wiederum auf insgesamt nur rund vier bis sechs Stunden pro Nacht zu, nämlich nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang.

Kamera-Teleskop-Kombi verlängert Beobachtungszeit

Der Ansatz des Grazer Teams um Michael Steindorfer vom IWF könnte dieses Zeitfenster nun in Abhängigkeit der Jahreszeit in naher Zukunft auf bis zu 22 Stunden ausdehnen, wie die Forscher im Fachblatt „Nature Communications“ berichten. „Wir haben uns auf ein bestimmtes Filtersystem konzentriert, das nur höhere Wellenlängen des Lichts zulässt, um das Blau des Himmels zu unterdrücken. Dazu haben wir eine spezielle Kombination aus Kamera und Teleskop ausgesucht, um diese Objekte auch bei Tag sichtbar zu machen“, erklärte der Wissenschaftler. Der bei Sternbeobachtungen am Tag getestete Ansatz ermöglicht nun dank den Grazer Forschern auch sehr genaue Entfernungsmessungen von Weltraumschrott bei Tag, wie sie in ihrer Arbeit zeigen.

Die neue Methode könnte im Verbund mit anderen Akteuren zukünftig zusätzliche Optionen eröffnen: „Unser Ziel muss sein, dass möglichst viele über die Welt verteilte Stationen in der Lage sind, das zu machen“, sagte Steindorfer. Dann könne die Community rasch reagieren und Vorhersagen verbessern, wenn etwa die ESA eine Kollisionswarnung ausspricht.