Ein Prüfungsraum im Rahmen der Maturavorbereitungen unter Berücksichtigung der Coronama§nahmen in einem Wiener Bundesgymnasium.
APA/HERBERT NEUBAUER
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Coronavirus

Wie der Schulbetrieb funktionieren könnte

Schulschließungen waren laut einer neuen Studie im Frühjahr entscheidend, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Welche Rolle Schüler, Schülerinnen und Lehrkräfte genau bei der Pandemie spielen, ist noch unklar – mit den bekannten Hygienemaßnahmen, guter Lüftung und eventuell Masken könnte der Schulbeginn im Herbst aber relativ normal erfolgen.

Ob sich Kinder und Jugendliche weniger häufig anstecken als Erwachsene und ob sie das Virus gleichermaßen auf andere übertragen können, darüber weiß man aktuell noch zu wenig, um eine eindeutige Antwort geben zu können. Alles Bekannte stammt aus epidemiologischen Studien, die teilweise zum Zeitpunkt des Lockdowns entstanden sind, wo viele Schulen geschlossen waren bzw. kurz danach, als es wenig infizierte Menschen gab. „Damit können uns diese Studien keine gute Orientierung für den kommenden Winter geben“, erklärt Isabella Eckerle, Leiterin der Forschungsgruppe „Emerging Viruses“ an der Universität Genf gegenüber dem Deutschen Science Media Center.

Dennoch warnt die Virologin davor, die Rolle von Kindern und Jugendlichen bei der Verbreitung des Virus zu unterschätzen. „Wenn wir jetzt zum normalen Schulalltag zurückgehen und uns an ein Wunschdenken klammern, dass Kinder keine Rolle in der Pandemie spielen, dann wird uns das auf die Füße fallen." Mit dieser Befürchtung ist Eckerle nicht allein. Auch der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité hat sich soeben mit neun Kolleginnen und Kollegen in einer Stellungnahme ähnlich geäußert.

Schulschließungen waren entscheidend

Die Schulen im Herbst geschlossen zu lassen, dafür spricht sich allerdings kaum jemand aus. Auch nicht der Datenwissenschaftler Peter Klimek vom Complexity Science Hub in Wien. Er zeigt mit Kolleginnen in einer aktuellen, vorveröffentlichten Studie, dass Schulschließungen im März und April entscheidend waren, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. Dafür haben Klimek und seine Kollegen 76 Regionen weltweit verglichen, in denen zum Teil die Schulen geschlossen wurden und teilweise nicht. „Nicht nur in unserer Studie, auch international gibt es immer mehr Evidenz dazu, dass Schulen sehr wohl ein Ort sind, der zum Infektionsgeschehen beiträgt und dass vor allem ältere Kinder in der Altersgruppe zwischen zehn bis 19 Jahre erheblich infektiös sind.“

Dass sich das Coronavirus in Schulen schnell ausbreiten kann, hat sich in Ländern wie Israel, Frankreich, Kanada und Neuseeland gezeigt. So steckten sich Ende Mai in einem israelischen Gymnasium 153 Schüler und 25 Lehrer an. In einer Volkschule waren es 33 Schüler und elf Lehrkräfte. Wie Forscher und Forscherinnen beobachten, scheint es allerdings vor allem dann zu Schulclustern zu kommen, wenn die Infektionszahlen allgemein steigen. Dadurch können Schüler und Lehrer das Virus auch leichter in die Schulen tragen.

Maßnahmen an Schulen nur Puzzlestück

Auch aus der Analyse von Peter Klimek geht hervor, dass die Schulen bei der Verbreitung nur ein Baustein von vielen sind. Vor allem gäbe es mildere Maßnahmen, die im Frühjahr ebenfalls große Wirkung zeigten, so der Statistiker. Dazu gehören neben Reisebeschränkungen und einer getrennten Patientenversorgung in den Spitälern auch die Kommunikation.

„Einerseits geht es dabei darum, die Bevölkerung zu informieren – Stichwort Hygienemaßnahmen, Abstand halten und auch Masken. Auch die haben ihre Wirkung, wie wir gesehen haben.“ Ebenso wichtig ist aber auch die Kommunikation zwischen der Regierung und den Entscheidungsträgern in Einrichtungen wie Schulen.

„Es ist praktisch nicht machbar, dass alles von der Regierung vorgegeben wird. Wie die Schüler rotieren z.B., kann von den Leuten vor Ort viel besser entschieden werden, die die Gegebenheiten kennen. Die muss man aktiv einbinden, ihnen die entsprechenden Informationsmaterialen geben, damit sie dann auch richtig entscheiden können“, so Klimek.

Ideen für das Schuljahr 2020/21

Um ein möglichst sicheres Schuljahr zu ermöglichen, empfehlen Virologen und Virologinnen in Deutschland und der Schweiz, wo der Schulstart schon war oder kurz bevorsteht, unter anderem kleinere Klassen, feste Bezugsgruppen, gute Lüftungskonzepte, Möglichkeiten, schnell zu testen bis hin zu Masken. Beim letzten Punkt scheint man sich im Detail nicht einig. Während es manche Mediziner wie Christian Drosten Masken auch im Unterricht für notwendig halten, fordern andere zumindest eine Bedeckung von Mund und Nase in den Gängen und in der Pause.

Mit welchen Maßnahmen das Schuljahr Anfang September in Österreich startet, soll Mitte August bekannt gegeben werden, heißt es auf Nachfrage beim Bildungsministerium. Aktuell geht man vorerst von einem normalen Schulstart im Herbst aus, mit den bekannten Hygiene- und Abstandsregeln.