Schiff auf ruhiger See im Nordatlantik
CLEMENT SABOURIN/AFP
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Umweltverschmutzung

Mehr Plastik im Atlantik als gedacht

In den Meeren schwimmen Tonnen von Plastik, vieles davon in kleinste Bruchstücke zerkleinert. Obwohl die Prognosen für die Plastikbelastung der Weltmeere dramatisch waren, dürften die Einschätzung immer noch zu optimistisch gewesen sein. Das zeigt eine Untersuchung von Wasserproben aus dem Atlantik.

Auf einer 10.000 Kilometer langen Achse vom Nordatlantik bis in den Südatlantik haben die Forscher mit feinsten Filtern Plastikteilchen aus dem Meer gefischt, bis zu einer Tiefe von 200 Metern. Bisher wurden Proben aus dem Meer oft nur an der Wasseroberfläche oder aus dem Sediment am Meeresboden entnommen.

Drei Kunststoffarten, Millionen Tonnen

Zurück im Labor suchte das britische Forscherteam nach Spuren der drei häufigsten Kunststoffe – Polyethylen, Polypropylen und Polystyrol. „Aus ihnen werden alle möglichen Verpackungen hergestellt, Reinigungsschwämme, Styropor bis hin zu Mund-Nasen-Schutz-Masken“, erklärt die Autorin Katsiaryna Pabortsava vom Nationalen Zentrum für Ozeanographie in Southampton gegenüber science.ORF.at.

Hochgerechnet von dem Plastik, das die Forscher aus dem Ozean gefischt haben und der Menge an Plastikmüll, die seit den 1950er Jahren verursacht wurde, könnten in den oberen 200 Metern des Atlantiks 12 bis 21 Millionen Tonnen schwimmen – allein von den drei Kunststoffen. Das ist wesentlich mehr als bisher angenommen. Hauptsächlich fand das Team kleinste, beinah unsichtbare Partikel. Diese werden mit gängigen Methoden meist nicht von den Filtern und Geräten erfasst.

Noch mehr Müll im Meer

Insgesamt rechnen die Forscher sogar mit einer noch größeren Belastung der Meere: Denn diese drei Kunststoffe machen nur rund 56 Prozent des Plastikmülls weltweit aus. „Es müssen also irgendwo auch noch Rückstände von den restlichen 44 Prozent Müll sein.“ Zudem ist unklar, wie viel Plastik sich unterhalb der 200 Meter befinden. Wenngleich anzunehmen ist, dass die Konzentration immer weiter abnimmt. „Diese 200 Meter machen aber gerade einmal fünf Prozent des Atlantiks aus. Wir wissen nicht, wie viel sich in den anderen 95 Prozent befindet.“ Unberücksichtigt blieb auch das Mikroplastik, das auf den Meeresboden sinkt. „Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass noch viel kleinere Teilchen im Ozean schweben, die wir nicht herausfiltern konnten“, so Pabortsava.

Welche Folgen Mikroplastik für Mensch und Tier hat, ist noch nicht klar. „Es ist ein relativ neues Forschungsfeld und es sind noch viele Fragen offen. Das betrifft auch die Frage nach der genauen Menge an Mikroplastik im Meer.“ In Kontakt kommen sie jedenfalls: Erst kürzlich veröffentlichte die Universität Queensland eine Studie zur Plastikbelastung von Meerestieren – sie zeigt: Wer etwa eine Portion Sardinen isst, nimmt dabei bis zu 30 Milligramm Plastik zu sich. Und wie ein weiteres Forschungsteam soeben in einer Studie erforscht hat, könnten kleinste Teilchen sogar bis in menschliche Gewebe von Lunge, Leber und Nieren vordringen. Allerdings haben die Forscher die Gewebeproben zuerst im Labor Mikroplastik ausgesetzt und anschließend untersucht.