Versuchsanordnung im Quantenlabor
Klaus Pichler/ÖAW
Klaus Pichler/ÖAW
Software

Neuer Weg bei Quanteninformations-Übertragung

Da sich die sonderbaren Abläufe der Quantenmechanik mit dem menschlichen Verstand nur bedingt fassen lassen, setzen Wiener Physiker schon seit ein paar Jahren auf eine spezielle Software. Diese fand nun einen neuen Weg bei der Übertragung von Quanteninformationen.

Vor rund vier Jahren stellte das Team um Mario Krenn und Anton Zeilinger vom Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) seinen Algorithmus vor. Die Idee dahinter war, ein völlig unvoreingenommenes System zu entwickeln, das nach Lösungen quantenphysikalischer Fragen sucht.

Physiker können mittlerweile Quanteninformation zwischen zwei wie durch Geisterhand verbundenen Lichtteilchen (Photonen) übertragen. Dieses Phänomen der Verschränkung besagt, dass eine Veränderung – etwa durch eine Messung – an einem Teilchen unmittelbar den Zustand des anderen festlegt, und das über beliebige Distanzen. Misst man an einem dieser Teilchen etwa die Richtung der Lichtschwingung (Polarisation), zeigt sich, dass das Partnerteilchen auch in derselben Richtung schwingt. Forscher machen sich diese „Quantenteleportation“ in der Informationsübertragung zunutze.

Besseres Verständnis von Vielteilchensystemen

Will man aber ein leistungsfähiges Quanteninternet oder einen Quantencomputer bauen, müssen möglichst viele Bits an Information in die sehr störungsanfälligen Quantensysteme gepackt werden. Zudem braucht es größere Ensembles an in mehreren Dimensionen verschränkten Lichtteilchen, die sich jedoch nicht nur schwer herstellen sondern auch kontrollieren lassen, heißt es am Freitag in einer Aussendung der ÖAW.

Bei der Frage, wie sich derartiges im Labor umsetzen ließe, setzten die Wissenschaftler auf „Melvin“. Für die nun im im Fachblatt „Physical Review Letters“ vorgestellte Auseinandersetzung mit der komplexen Materie lief der Algorithmus drei Monate lang auf 80 Rechenkernen. Am Ende ging es für das Forscherteam darum, aufzuarbeiten, welche Ansätze in dem Vierteljahr herauskamen. „Wir haben es nach und nach geschafft, die Lösungen, die ‚Melvin‘ gefunden hat, zu verstehen und so unser grundsätzliches Verständnis der Manipulation von Vielteilchensystemen erweitert“, so Krenn, der mittlerweile sowohl am IQOQI und an der Universität Toronto (Kanada) forscht.

Behelfsphotonen helfen

Um auch bei solch komplexen Quantensystemen Messungen vornehmen zu können, ohne den fragilen gemeinschaftlichen Zustand zu zerstören, schlug der findige Algorithmus die Einführung von Behelfsphotonen vor. Diese zusätzlichen Lichtteilchen würden dann zwar die für die Physiker wichtige Information über das System enthalten, könnten aber ausgelesen werden, ohne dass dadurch das gesamte Quantengebilde zusammenfällt. Über ein derartiges Behelfsphoton könnte sich aber auch das System selbst kontrollieren lassen.
„‚Melvin‘ hat es geschafft, die gesamte Action in einem Photonensystem, mit dem Information verarbeitet werden kann, in einen komplexen Zustand der Behelfsphotonen auszulagern. Durch die Unterstützung durch den Algorithmus wissen wir jetzt genau, wie und warum das funktioniert“, so Krenn. Die Wissenschaftler wollen sich nun daran machen, die maschinell entwickelte Herangehensweise im Labor umzusetzen.