Linzer Hauptplatz
APA/HELMUT FOHRINGER
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Hochschulpolitik

„TU Linz“ sorgt für Unverständnis

Linz soll nach dem Wunsch der Bundesregierung eine eigene Technische Universität (TU) bekommen. Sie soll den Fokus auf Digitalisierung legen, zusätzliche universitäre Ausbildungsplätze schaffen und damit den Bedarf an Fachkräften decken. Noch innerhalb dieser Legislaturperiode – also bis 2024 – soll die Uni stehen. Das Vorhaben sorgt bei vielen Experten und Expertinnen für Unverständnis.

Dass es vor allem in Oberösterreich einen Bedarf an Fachkräften im Bereich Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz gibt, stehe für den Wissenschafts- und Innovationsforscher Jürgen Janger vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo außer Frage. „Oberösterreich ist neben der Steiermark einer der am stärksten industrialisierten Bundesländer mit vielen Technologieunternehmen. Hier braucht es viele Technologiekompetenzen.“ Die Gründung einer neuen Technischen Universität sei aber nicht die Lösung. „Eine völlig neue Universität aus dem Boden zu stampfen, braucht sehr viel Zeit. Da wäre es viel schneller und viel effektiver, die bestehen Einrichtungen zu stärken.“

Uniko: „Neue Uni nicht durchdacht“

Ähnlich sieht das Sabine Seidler, Präsidentin der Österreichischen Universitätenkonferenz Uniko und Rektorin der Technischen Universität Wien. „Wenn ich eine neue Universität baue, brauche ich auch die gesamten Strukturen, die eine Universität ausmacht, sprich ein Verwaltungsapparat usw. Es entstehen also Kosten, die nicht direkt in das eigentliche Ziel, nämlich mehr Fachkräfte auszubilden, hineingehen. Und das ist etwas, was sich mir überhaupt nicht erschließt. Es ist mein Eindruck, dass das Ganze, so wie es zumindest bisher veröffentlicht wurde, nicht gut überlegt ist.“

Darüber hinaus gibt Janger zu bedenken, dass eine Universität nicht die ideale Wahl ist, um den Bedarf an Fachkräften zu decken. „Bei einer Universität muss man immer Forschung und Lehre gleichzeitig mitfinanzieren, an einer Fachhochschule ist der Anteil der Lehre wesentlich höher als jener der Forschung. Aus einer rein ökonomischen Effizienzüberlegung wäre es also effektiver, den Fachhochschulsektor auszubauen.“

Vorhandenes Technik-Kowhow in Linz

Aktuell gibt es mit dem relativ neu gegründeten „Linz Institute of Technology“ der Johannes-Kepler-Universität Linz bereits einen universitären Technik-Campus, an dem man sich unter anderem mit Künstlicher Intelligenz und Digitalisierung auseinandersetzt. Ähnlich ist es an der oberösterreichischen Fachhochschule „Campus Hagenberg“ mit seinem Informatikschwerpunkt. Sowohl Seidler als auch Janger zufolge sollte man eher hier weitere Schwerpunkte setzen und das Profil der bestehenden Hochschulen stärken.

Eine zusätzliche Uni würde nicht nur die Basisfinanzierung für Universitäten in Österreich erhöhen, das Unibudget müsste auch von 22 auf 23 öffentliche Unis aufgeteilt werden. Damit werde es schwerer, heimische Universitäten im internationalen Vergleich besser zu platzieren. „Wir beklagen immer wieder unser schlechtes Abschneiden in Rankings, was natürlich auch damit zusammenhängt, dass wir es nicht schaffen, Schwerpunkte zu setzen und uns auf das zu konzentrieren, was da ist und das weiterzuentwickeln“, so die Uniko-Präsidentin Sabine Seidler.

Auch wenn es in den Uni-Ranglisten für heimische Universitäten bergauf geht, ist man immer noch abgeschlagen. Die derzeit beste Uni Österreichs im aktuellen „QS University Ranking 2021“ ist die Universität Wien mit Platz 150. Die Technische Universität (TU) Wien kommt auf Rang 191 und die Uni Innsbruck auf Platz 265. Wesentlich anders sieht es bei den deutschsprachigen Nachbarn aus: Die TU München belegt als beste deutsche Uni Platz 50 und die schweizer ETH Zürich international sogar Platz 6.

„Probleme, genügend Studierende zu finden“

Dabei geht es nicht nur um Prestige. Je besser der Ruf einer Universität, desto attraktiver ist sie für international gefragte Forscher und Lehrende sowie für Studierende, die an dieser Universität studieren wollen. „Gerade in den technischen Studienrichtungen haben wir in Oberösterreich Probleme, genügend Studierende zu finden“, so Seidler.

Ein weiterer Kritikpunkt an dem Plan der Regierung ist die fehlende fachliche Diskussion. So wusste auch die Uniko im Vorfeld nichts davon – eine Organisation, die sich als „Stimme der öffentlichen österreichischen Universitäten“ versteht und „gemeinsame Positionen zu universitätspolitisch und gesellschaftlich wichtigen Fragestellungen“ entwickelt. „Eine Entscheidung, die derart stark in das System eingreift und die eigentlich sehr viel Expertise benötigt, um eine sinnvolle Entscheidung zu treffen und die Synergien im österreichischen Hochschulsystem entsprechend zu berücksichtigen, bräuchte zumindest einen Diskurs von Experten und Expertinnen“, fordert Uniko-Präsidentin Seidler.