Künstlerische Illustration der Verschmelzung der beiden Schwarzen Löcher
N. Fischer, H. Pfeiffer, A. Buonanno (Max Planck Institute for Gravitational Physics), Simulating eXtreme Spacetimes (SXS) Collaboration
N. Fischer, H. Pfeiffer, A. Buonanno (Max Planck Institute for Gravitational Physics), Simulating eXtreme Spacetimes (SXS) Collaboration
Astronomie

Kollision bisher schwerster Schwarzer Löcher

Vor über 100 Jahren hatte Albert Einstein Gravitationswellen theoretisch vorhergesagt, 2016 wurden sie nach der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher erstmals direkt gemessen. Forscherinnen und Forscher haben nun den bisher massereichsten Crash Schwarzer Löcher beobachtet – quer durch das halbe Universum.

Die Observatorien Ligo in den USA und Virgo in Italien registrierten am 21. Mai 2019 die Gravitationswellen von der Verschmelzung zweier Schwerkraftmonster mit knapp 66 und 85 Mal so viel Masse wie unsere Sonne. Das resultierende Schwarze Loch mit 142 Sonnenmassen sei das erste aus dem mittleren Massebereich, das jemals beobachtet worden sei, berichten die Forscherinnen und Forscher, die ihre Messungen in zwei Fachaufsätzen in den Journalen „Physical Review Letters“ und „Astrophysical Journal Letters“ vorstellen.

Künstlerische Illustration der Verschmelzung der beiden Schwarzen Löcher
LIGO/Caltech/MIT/R. Hurt
Künstlerische Illustration des Crashs, die auch anzeigt, dass der Ursprung der beiden Schwarzen Löcher noch unklar ist

Statt Zirpen ein „Peng“

Die Verschmelzung fand vor rund sieben Milliarden Jahren statt, als das Universum erst halb so alt war wie heute. Sie hat eine Energie freigesetzt, die nach Albert Einsteins Masse-Energie-Äquivalenz E=mc^2 rund acht Sonnenmassen entspricht. Das bedeutet, etwa die achtfache Masse unserer Sonne ist als Energie in die Erzeugung der Gravitationswellen geflossen. Das hat die Raumzeit so sehr zum Beben gebracht, dass dies auch in einer Entfernung von heute rund 13 Milliarden Lichtjahren auf der Erde noch nachweisbar war. Die Verschmelzung ist damit nicht nur das massereichste, sondern auch das fernste Ereignis, das die Gravitationswellendetektoren bisher registriert haben.

„Dies sieht nicht so sehr aus wie das Zirpen, das wir normalerweise beobachten“, erläuterte Virgo-Wissenschaftler Nelson Christensen in einer Mitteilung. "Dies ist mehr etwas, das „Peng" macht, und es ist das massereichste Signal, das Ligo und Virgo gesehen haben.“ Die Gravitationswellenobservatorien hätten „ihren bisher dicksten Fisch gefangen“, formulierte das an der Entdeckung beteiligte Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam und Hannover.

Signal von nur einer Zehntelsekunde

Das Signal mit der Katalognummer GW190521 dauerte nur rund eine Zehntelsekunde und zeigte lediglich zwei spiralförmige Umläufe der Schwarzen Löcher, bevor sie schließlich miteinander verschmolzen sind. „Trotz der kurzen Dauer konnten wir zeigen, dass das Signal einem entspricht, das wir – wie von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie vorhergesagt – von verschmelzenden Schwarzen Löchern erwarten“, berichtete die Direktorin am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik, Alessandra Buonanno. „Uns wurde klar, dass wir erstmals Zeuge der Geburt eines mittelschweren Schwarzen Lochs waren, dessen einer Elternteil höchstwahrscheinlich selbst aus einer früheren Verschmelzung eines Doppelsystems hervorgegangen ist.“

Animation der Verschmelzung

Mittelschwere Schwarze Löcher haben 100 bis 100.000 Mal so viel Masse wie unsere Sonne. Die Verschmelzung liefert den ersten eindeutigen Nachweis für ein Schwarzes Loch aus dieser Klasse. Während kleinere Schwarze Löcher bei Sternexplosionen entstehen, finden sich größere in den Zentren von Galaxien wie unserer Milchstraße, wo sie sich große Mengen Materie einverleibt haben.

Lücken der Theorie

Die Massen der beiden Schwarzen Löcher, deren Verschmelzung nun registriert wurde, bereiten den Astrophysikern allerdings noch Kopfzerbrechen, denn insbesondere ein Schwarzes Loch mit 85 Sonnenmassen sollte eigentlich gar nicht entstehen können. Nur Sterne bis etwa 130 Sonnenmassen stürzen der Theorie zufolge in einer Supernovaexplosion zu Schwarzen Löchern zusammen, die dann jedoch höchstens 65 Sonnenmassen haben sollten, weil sich der Rest des Materials als Gas und Staub ins Weltall verabschiedet.

Daher vermuten die Wissenschaftler, dass das 85 Sonnenmassen schwere Schwarze Loch gar keinen stellaren Ursprung hat, sondern seinerseits aus der Verschmelzung zweier Schwarzen Löcher hervorgegangen ist. Möglich wäre auch, dass das „zu schwere“ Schwarze Loch bereits kurz nach dem Urknall entstanden ist – und erst im Laufe der Jahrmilliarden an Masse zugelegt hat.