Ein Arzt zeigt im Vivantes Klinikum Neukölln auf das Röntgenbild einer Lunge
APA/dpa/Silas Stein
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Coronavirus

Langzeitfolgen in Lunge und Herz

Tirol ist ein Hotspot der Verbreitung des Coronavirus in Europa gewesen. Ärztinnen und Ärzte haben nun Langzeitfolgen in der Region untersucht. Ihr Fazit ist gemischt: Lunge und Herz können lange geschädigt bleiben, bei vielen Patienten bessern sich aber die Symptome.

„Die schlechte Nachricht ist, dass die Lunge bei vielen auch Wochen nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus beeinträchtigt ist“, sagt Sabina Sahanic von der Universitätsklinik Innsbruck. „Die gute Nachricht ist, dass sich diese Beeinträchtigungen im Lauf der Zeit verbessern. Die Lunge scheint also Selbstreparaturmechanismen zu besitzen.“ Sahanic ist Teil eines Teams von Forscherinnen und Forschern, zu dem auch die Pneumologen Ivan Tancevski, Judith Löffler-Ragg, Günter Weiss und Thomas Sonnweber gehören.

Atemnot am hartnäckigsten

Sahanic berichtet am Montag bei einem Onlinekongress der European Respiratory Society von 86 Patienten und Patientinnen, die zwischen April und Juni an der Universitätsklinik in Innsbruck, im St. Vinzenz Spital in Zams und am Rehabilitationszentrum in Münster behandelt wurden. Zwei Drittel von ihnen waren Männer, das Durchschnittsalter betrug 61 Jahre, ein hoher Anteil waren ehemalige oder aktuelle Raucher bzw. Personen mit Übergewicht. Rund 20 Prozent von ihnen waren auf der Intensivstation und mussten künstlich beatmet werden.

CT-Scan einer Lunge mit Covid-19
Gerlig Widmann et al, Department für Radiologie, Medizinuni Innsbruck
CT-Bild einer Lunge mit Covid-19

In einem Abstand von sechs, zwölf und 24 Wochen nach ihrer Entlassung wurden die Patienten und Patientinnen noch einmal untersucht. Beim ersten Termin wies mehr als die Hälfte von ihnen zumindest ein dauerhaftes Symptom auf – allen voran Atembeschwerden (47 Prozent) und Husten (15 Prozent). Nach zwölf Wochen ging der Anteil jener mit Atemnot leicht zurück – eine positive Tendenz, die sich auch bei Messungen der Lungenfunktion mit Hilfe von Spirometrie und Computertomografie (CT) zeigte. Sechs Wochen nach dem Spitalsaufenthalt waren auf den Computerbildern bei fast 90 Prozent weiterhin Lungenschäden zu sehen. Nach zwölf Wochen war das nur noch bei 56 Prozent der Fall, für den Zeitraum nach 24 Wochen liegen noch keine Resultate vor.

Keine schweren Herzschäden

Ähnliches zeigte sich beim Herzen. Sechs Wochen nach der Entlassung war bei fast 60 Prozent der Patienten die Diastole – also die Entspannungs- und Füllungsphase – der linken Herzkammer gestört. Auch waren biologische Marker, die auf Herzschäden, Blutgerinnsel und Entzündungen hinweisen, deutlich erhöht.

Ö1-Sendungshinweis:

Dem Thema widmet sich auch Wissen Aktuell, am 7.9., um 13.55 Uhr, und in den Ö1-Nachrichten.

Diese Symptome seien nicht Covid-19-spezifisch, aber generell Ausdruck „der Schwere der Krankheit“, wie Sahanic sagt. „Glücklicherweise haben wir in der Innsbrucker Patientengruppe keine längerfristigen schweren Herzschäden beobachtet.“ Auch die Fehlfunktionen der Diastole haben sich im Lauf der Zeit verbessert.

Ein Coronavirus-Patient bei der Rehabilitation
Centre Dieulefit Santé
Ein Coronavirus-Patient bei der Rehabilitation

Generell gelte: Je früher mit einer Rehabilitation nach der Akutbehandlung begonnen wird, desto besser. Das zeigt eine zweite bei dem Onlinekongress vorgestellte Studie. Speziell bei schweren Krankheitsverläufen helfe es, wenn sich die Patienten und Patientinnen so bald als möglich wieder bewegen. Immobilität am Beatmungsgerät führe zum Verlust von Muskeln, die auch für das Atmen wichtig sind. „Intensivpatienten, die in der Woche nach Abnahme des Beatmungsgeräts mit der Reha begonnen haben, machen schneller Fortschritte als jene, die das erst nach zwei Wochen getan haben“, sagt Yara Al Chikhanie von der Universität Grenoble. Ob sie dafür bereit und stabil genug sind, müssten die behandelnden Ärzte und Ärztinnen bestimmen.