Im Labor werden zum Nachweis einer Infektion Abstriche aus dem Nasen-Rachen-Raum auf das Sars-CoV-2-Virus getestet.
APA/dpa/Oliver Berg
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Enorme Kluft in Statistiken

In den USA haben sich zu Beginn der Coronavirus-Pandemie wohl rund neunmal so viele Menschen mit dem Virus infiziert als nach den offiziellen Statistiken bekannt. Das zeigt eine Hochrechnung.

Im Zeitraum von etwa Mitte Jänner bis Mitte April habe es im Land womöglich bereits rund sechseinhalb Millionen Fälle gegeben, schreiben Wissenschaftler um Jade Benjamin-Chung und Sean Wu von der University of California in Berkeley im Fachjournal „Nature Communications“. Offizielle Statistiken geben für diesen Zeitraum 721.245 Fälle an. In den USA leben rund 330 Millionen Menschen.

Offizielle Zahlen wenig aussagekräftig

Eine deutliche Dunkelziffer bei den Corona-Zahlen gibt es nach Experteneinschätzung auch in etlichen anderen Ländern, zum Beispiel auch in Indien und Brasilien. Die tatsächliche Lage spielen die Werte daher nur bedingt wider. Vergleiche zwischen Ländern nach den offiziellen Statistiken haben zudem nur eingeschränkt Aussagekraft.

Die Differenz liege in den USA unter anderem in der geringen Zahl von Tests begründet, so die Forscher. Zu Beginn der Ausbreitung in den USA seien in Krankenhäusern nur Patienten mit gemäßigten bis starken Symptomen getestet worden – viele Infizierte haben jedoch nur milde oder überhaupt keine Symptome. Zudem hätten nicht alle Tests akkurate Ergebnisse geliefert.

Neunmal mehr Infektionen

Die Forscher analysierten die Zahlen für alle US-Bundesstaaten. Die meisten Infektionen gab es demzufolge im Nordosten, dem Mittleren Westen und Louisiana im Süden. Insgesamt kommen sie für den Zeitraum von etwa Mitte Januar bis Mitte April auf rund sechseinhalb Millionen Infektionen – das wären 19 von 1.000 Menschen und rund neunmal mehr als nach den offiziellen Angaben.

Bereits im Juni hatten Vertreter der Gesundheitsbehörde CDC davon gesprochen, dass in den USA wohl wesentlich mehr Menschen mit dem Coronavirus infiziert gewesen seien als bislang bekannt. „Für jeden Fall, den wir verzeichnet haben, gab es wahrscheinlich zehn weitere Infektionen“, hatte CDC-Direktor Robert Redfield gesagt. Die Behörde gibt derzeit für die USA gut 6,3 Millionen bekannte Corona-Infektionen an – mehr nachgewiesene Fälle als jedes andere Land der Welt. ~