Wie das Coronavirus eine infizierte Zelle überlistet

Schweizer Forscherinnen und Forscher haben herausgefunden, wie das Coronavirus die Kontrolle über eine infizierte Zelle übernimmt. Der Mechanismus führt dazu, dass die Zellen statt eigener fast nur noch Virusproteine produzieren.

Nachdem das Coronavirus eine menschliche Zelle gekapert hat, wird das Protein namens NSP1 als eines der ersten Virusproteine hergestellt. Von anderen Coronaviren wusste man bereits, dass NSP1 die Produktion von zelleigenen Proteinen hemmt. Wie das genau geschieht, hat ein internationales Forscherteam nun im Fachmagazin „Nature Structural & Molecular Biology“ berichtet.

Möglicher Ansatz für Impfstoff

Eine zentrale Rolle spielen dabei die Ribosomen: jene zellulären Maschinen, welche Proteine herstellen. Dazu lesen sie den Bauplan, die sogenannte Boten-RNA, für ein gegebenes Protein ab und fügen die Aminosäuren in der entsprechenden Reihenfolge zusammen. Beim Ablesen passiert die Boten-RNA einen Kanal im Ribosom. Die Forscherinnen und Forscher konnten zeigen, dass NSP1 innerhalb des Kanals bindet und so das Ribosom blockiert.

Mittels der Kryo-Elektronenmikroskopie konnte die Bindungsstelle von NSP1 mit atomarer Auflösung dargestellt werden. „Dieses detaillierte Abbild liefert wichtige Informationen zum Design eines möglichen künftigen Medikamentes, welches die Bindung von NSP1 verhindert, die ribosomale Funktion aber nicht beeinträchtigt“, sagte Nenad Ban, Professor für Molekularbiologie an der ETH Zürich und Mitautor der Studie.

In Experimenten stellten die Forscherinnen und Forscher abgeänderte NSP1-Varianten her, die ihre hemmende Wirkung verloren hatten. SARS-CoV-2 Viren mit solchen inaktiven Varianten würden so abgeschwächt sein, dass sie sich nicht mehr vermehren und somit auch keine starke Krankheit mehr auslösen können. Solche abgeschwächten Viren könnten laut den Forschenden als Impfstoff verwendet werden.