Containment statt Lockdown

Kranke Kinder mit Fieber sollten unbedingt zu Hause bleiben, ein normaler Schnupfen ist aber kein Grund dafür: Dazu rieten heute Kindermediziner für den kommenden „Virenherbst“. Statt Lockdown setzen sie auf „Containment“ – also Eindämmung der Krankheit.

Eine rinnende Nase ohne Fieber zum Beispiel bedeute nicht gleich, krank zu sein, wurde bei einem Pressegespräch in Wien betont. Die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) empfiehlt zudem, Infektionsraten generell niedrig zu halten und nicht ausschließlich auf Coronavirus-Symptome zu achten. Die sind bei Kindern auch tendenziell oft anders als bei Erwachsenen: Vor allem Magen-Darm- und Haut-Probleme kommen besonders bei den Jüngsten vor.

Noch kein Kind am Virus gestorben

Kein einziges Kind sei aber in Österreich bisher am Coronavirus gestorben. Von den rund 35.000 bis dato positiv getesteten Personen waren etwa 500 unter fünf Jahre alt (1,4 Prozent), 1.600 oder 4,6 Prozent zwischen fünf und 14 Jahre. Früh habe sich gezeigt, dass Kinder eine Sonderstellung einnehmen: Immer mehr Studien deuten darauf hin, dass sie nicht nur seltener Symptome entwickeln, sondern sich auch weniger häufig infizieren, hieß es. Infektionsketten gehen meist von Erwachsenen aus und Kinder geben die Infektion seltener weiter. SARS-CoV-2-Fälle scheinen in Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen grundsätzlich nicht überproportional aufzutreten.

Keine Schlüsselfunktion bei Übertragung

Volker Strenger, AG-Leiter „Infektiologie“ der ÖGKJ, verwies darauf, dass es sich als falsche Annahme herausgestellt habe, dass Kinder in der Übertragung eine überdurchschnittlich große Rolle spielen. Cluster-Analysen, auch in Schulen, hätten vielmehr gezeigt, dass sie eher weniger weitere Personen infizieren als Erwachsene.

Zu Beginn der Schulferien waren 3,7 Prozent der bis dahin positiv getesteten Gesamtinfizierten Kinder unter 14 Jahren. Bis Schulbeginn ist dieser Anteil auf sechs Prozent gestiegen. Die Zahl der nachgewiesenen kindlichen Infektionen wuchs also überproportional um 165 Prozent.

Ziel: Nur zwei statt zehn Infekte

Wenn das Prinzip Containment statt Lockdown konsequent durchgezogen wird, könne man erreichen, dass der Nachwuchs heuer nicht wie üblich fünf bis zehn Infekte pro Saison durchmacht, sondern nur ein oder zwei. „Die wirkungsvollste Methode zur Verhinderung einer Virusverbreitung ist das Containment“, betonte Reinhold Kerbl, Vorstand der Abteilung für Kinder und Jugendliche am LKH Hochsteiermark/Leoben. Infizierte Personen sollten also grundsätzlich möglichst separiert bzw. isoliert werden, um eine Weiterverbreitung zu verhindern. Die ÖGKJ appellierte daher an Eltern und Familien, ihren Teil zur Eingrenzung aller Viren beizutragen.