Umweltmedizin

„Plausible Studie“: Handystrahlung und Insektensterben

Könnte Handystrahlung ein Grund für das Insektensterben in Europa sein? Diesen Schluss einer Übersichtsstudie deutscher Forscher haben österreichische Funkexperten vergangene Woche bestritten. Der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter hält die Arbeit hingegen für plausibel.

83 wissenschaftliche Studien aus aller Welt hat die Luxemburger Umweltorganisation AKUT gemeinsam mit dem Naturschutzbund Deutschland und der Initiative Diagnose Funk analysiert und daraus eine Metastudie erstellt. Fazit: Abseits von Pestiziden und dem Verlust von Lebensräumen habe auch die zunehmende Belastung der Umwelt mit elektromagnetischer Strahlung „vermutlich einen negativen Einfluss auf die Insektenwelt“.

Gestörte Orientierung, DNA-Schäden

Ein Großteil der als seriös eingestuften Studien habe in Labor- und Feldversuchen negative Auswirkungen auf Bienen, Wespen und Fliegen nachgewiesen. Diese reichten vom Verlust der Orientierungsfähigkeit durch die Magnetfelder bis hin zur Schädigung des Erbguts und der Larven.

Ein Grund dafür sei, dass insbesondere Mobilfunk- und WLAN-Strahlung dafür sorge, dass die Calciumkanäle der Zellen geöffnet würden, sodass Calciumionen vermehrt einfließen. Calcium ist ein wichtiger Botenstoff, der eine biochemische Kettenreaktion bei Insekten auslöst, wie die auch in der Fachzeitschrift „umwelt medizin gesellschaft“ veröffentlichte Untersuchung erläuterte.

Ein Befund, den das österreichische Forum Mobilkommunikation (FMK) umgehend kritisierte. „Nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand gibt es keine wissenschaftlich belastbaren Hinweise auf eine Gefährdung von Tieren und Pflanzen durch hochfrequente elektromagnetische sowie niederfrequente und statische elektrische und magnetische Felder unterhalb der Grenzwerte“, zitierte das FMK von der Homepage des deutschen Bundesamts für Strahlenschutz.

Fragezeichen bei 5G

Dem widerspricht nun wiederum der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Medizinuni Wien. „Bei der neuen Studie handelt es sich um eine gute und mühevoll zusammengestellte Übersichtsarbeit“, sagte Hutter gegenüber science.ORF.at. „Dass sich elektromagnetische Felder auf Lebewesen auswirken, ist lange bekannt.“ Diese Effekte könnten negativ oder positiv sein – so gebe es einige Tierarten, die sich von elektromagnetischen Feldern geradezu angezogen fühlen.

Dass diese Felder allein für das Aussterben von Insektenarten verantwortlich sind, sieht Hutter eher nicht, dass sie dazu einen Beitrag leisten und etwa die Orientierung der Tiere stören können, sehr wohl. Der Umweltmediziner spricht sich dafür aus, auch Effekte auf Lebewesen, die wesentliche Säulen der Ökosysteme darstellen, genauer zu untersuchen – speziell was den neuen Mobilfunkstandard 5G betrifft. „Da gibt es auch zu den Auswirkungen auf den Menschen so gut wie keine Studien. Wir fordern seit Langem, einerseits eine Technikfolgenabschätzung und andererseits eine Prüfung der Auswirkungen auf Wohlbefinden und Gesundheit durchzuführen.“