Mehrere Proben für PCR-Tests
AFP – INDRANIL MUKHERJEE
AFP – INDRANIL MUKHERJEE

Ab wann „positiv“ ansteckend bedeutet

Ist der PCR-Test positiv, muss man in Quarantäne. Doch wie ansteckend ist man tatsächlich, wenn der Test positiv ist? Darüber wurde in den vergangenen Wochen immer wieder diskutiert. Einen Hinweis darauf liefert bei dem PCR-Test der CT-Wert. Der Blick auf den Wert hat aber auch Grenzen.

Bei einem PCR-Test wird das Erbgut des Coronavirus in einer Maschine so oft vermehrt, bis es von dem Gerät aufgespürt werden kann. Das heißt, hat jemand zum Beispiel nur wenige Viren in Rachen und Nase, muss das Erbmaterial oft vermehrt werden, bevor das Signal anschlägt. Wie viele Vermehrungszyklen notwendig sind, gibt der sogenannte CT-Wert an – was kurz für „cycle threshhold“ steht. Je niedriger der CT-Wert also, desto höher die Virenlast, erklärt die Virologin Dorothee von Laer von der Medizinischen Universität Innsbruck: „Werte in den 20ern bedeutet viel Virus, Werte in den hohen 30er bedeuten wenig Virus.“

Wie viele Viren jemand in Nase und Rachen hat, beeinflusst wiederum, wie ansteckend jemand ist. Dabei gilt: je mehr Viren, desto ansteckender. Auf den CT-Wert gemünzt, heißt das: „Unter 30 nimmt man an, dass man infektiös ist. Aber es gibt natürlich umgekehrt keine 100-prozentige Sicherheit zu sagen, dass man über 30 nicht infektiös ist.“ Auch noch nicht veröffentlichte Untersuchungen des Robert-Koch-Instituts deuten darauf hin, dass die Infektiosität mit einem Wert von 30 abnimmt. Dass ein Restrisiko bleibt, zeigt wiederum eine Studie aus Großbritannien. Hier konnte bei acht Prozent der Proben auch bei einem Wert von 35 noch infektiöses Virus angezüchtet werden. Ob die Virenmenge für eine Übertragung reichen würde, ist unklar.

PCR-Testgeräte im Labor
AFP – ALAIN JOCARD

Restrisiko in Kauf nehmen

Dieses Restrisiko wollen manche Forscher in den USA in Kauf nehmen und fordern Medienberichten zufolge, dass PCR-Tests nur noch mit einem CT-Wert von maximal 30 als positiv gelten.

Dorothee von Laer beurteilt diese Forderung eher kritisch. Denn ein hoher CT-Wert kann auch bedeuten, dass jemand zum Testzeitpunkt erst am Anfang einer Infektion steht und deshalb weniger Viren in Nase und Rachen hat. Um das abzuklären, bräuchte es kurz nach Probenentnahme einen zweiten Test.

Zudem können noch andere Faktoren den CT-Wert beeinflussen. Beispielsweise spielt es eine Rolle, wie ordentlich der Abstrich genommen wurde. „Es ist natürlich so, dass die Probenabnahme schwanken kann, wie viel man von dem Virus mitbekommt. Dann ist es auch wichtig, dass der korrekte Tupfer und das korrekte Transportmedium benutzt wird. Da gibt viele Fehlermöglichkeiten“, so van Laer.

Geräte kalibrieren?

Auch kann der CT-Wert je nach Labor bei derselben Probe deutlich variieren. Zumindest dieses Problem könnte man lösen, indem man die Geräte auf eine bestimmte Virenmenge kalibriert, das schlug der Virologe Christian Drosten beispielsweise kürzlich im NDR-Podcast „Coronavirus Update“ vor.

Dem Vorschlag kann Dorothee von Laer etwas abgewinnen, diese Veränderung brauche aber Zeit. „Das würde eine gewisse Umstellung der ganzen Diagnostik bedeuten. Nicht alle Labors lassen diese Standards mitlaufen, sodass man den CT-Wert auf so und so viele Kopien umrechnen kann.“ Selbst dann sei es laut Dorothee von Laer aber nicht ratsam, allein die Virenmenge darüber entscheiden zu lassen, ob und wie lange jemand in Quarantäne muss.

Ein Arzt mit einer Probe für den PCR-Test
AFP – LARA BALAIS

Österreichs Test- und Quarantänestrategie

Aktuell müssen Betroffene in Österreich bei einem positiven PCR-Ergebnis zehn Tage ab Probenentnahme zu Hause bleiben, wenn Sie keine Symptome haben. Bei Symptomen wird die Quarantäne „frühestens zehn Tage nach Symptombeginn und mindestens 48 Stunden Symptomfreiheit“ beendet.

Welche Test- und Quarantänestrategie Länder wählen und auch welches Restrisiko sie dabei in Kauf nehmen, möglicherweise nicht alle potenziell ansteckenden Menschen zu erwischen, um das gesellschaftliche Leben möglichst aufrechtzuerhalten, ist eine Frage, die Experten und Politik in den nächsten Wochen und Monaten vermutlich noch länger beschäftigen wird.