Ein Forscher hält eine Pipette in der Hand
AFP – JEFF PACHOUD
AFP – JEFF PACHOUD

Erfolg für Wiener Wirkstoff

Zumindest einer Patientin mit schwerer Covid-19-Erkrankung könnte ein in Wien entwickelter Wirkstoff geholfen haben. Es wird derzeit in einer klinischen Studie des Wiener Biotech-Unternehmens Apeiron Biologics AG, das von dem österreichischen Genetiker Josef Penninger mitgegründet wurde, untersucht.

In einer in „The Lancet Respiratory Medicine" erschienenen Fallstudie wurde die Behandlung einer Covid-19-Patientin mit schwerem Verlauf beschrieben, bei der der Apeiron-Wirkstoff APN01 eingesetzt wurde.

Die veröffentlichten Daten zeigten einen raschen Verlust der Viruslast, eine Verringerung von Entzündungsreaktionen, sowie die Entwicklung spezifischer neutralisierender Antikörper gegen SARS-CoV-2, assoziiert mit einer signifikanten klinischen Verbesserung des Zustands der behandelten Patientin. Vor wenigen Monaten konnte das Team um Josef Penninger bereits zeigen, dass sich die Viruslast in Blutgefäß-Organoiden (menschlichen Organmodellen aus Stammzellen) signifikant verringern ließ.

Andockstelle von Coronaviren

Die Grundlage hinter dem Wirkungsmechanismus wurde bereits 2005 am IMBA erschlossen. Das Enzym ACE2 wurde damals von Penninger und Kollegen als die essenzielle in vivo Eintrittspforte eines Coronavirus beschrieben, das bereits 2003 für einen globalen Ausbruch der Lungenkrankheit SARS sorgte. Auf der Forschung von damals konnte im Angesicht der aktuellen Pandemie rasch aufgebaut werden, denn es zeigte sich, dass SARS-CoV-2 denselben Mechanismus verwendet, um Zellen zu infizieren. Die typischen „Spikes“ Strukturen, Oberflächenproteine der Virenpartikel, docken hier sogar noch stärker an die ACE2 Rezeptoren der Zell-Oberfläche an.

ACE2 eine zweite, wichtige Funktion: Es reduziert Bluthochdruck und schützt Organe wie das Herz, Blutgefäße oder die Lunge vor schweren Erkrankungsverläufen. ACE2 Andockstellen befinden sich nicht nur in der Lunge, sondern auch im Herzen, in den Blutgefäßen, im Darm und den Nieren, was schwere Krankheitsverläufe von Covid-19 durch Organversagen und Sepsis erklären könnte.

Ermutigende Ergebnisse

„ACE2 steht im Zentrum der Forschung und Arzneimittelentwicklung von Covid-19. In diesem Fall haben wir nun erste Daten zur löslichen ACE2-Therapie bei einer Patientin mit SARS-CoV-2-Infektion vorgelegt“, kommentierte Alexander Zoufaly, Oberarzt in der Abteilung für Infektionskrankheiten der Klinik in Wien-Favoriten, Kaiser-Franz-Josef-Spital, und Erstautor der Publikation. „Die Ergebnisse dieser Patientenfallstudie sind ermutigend und unterstützen die Begründung, APN01 als Therapie zur Behandlung von Covid-19 in klinischen Phase-II-Studien weiter zu erforschen.“

Die Studienautoren wiesen allerdings darauf hin, dass es „spekulativ“ bleibe, ob der Rückgang der Viruslast den Effekt der Behandlung mit APN01 reflektiert oder einfach dem natürlichen Verlauf der Krankheit entspricht.