Künstlerische Darstellung von „Osiris-Rex“ und Bennu
NASA’s Goddard Space Flight Center/Conceptual Image Lab
NASA’s Goddard Space Flight Center/Conceptual Image Lab
Asteroid

Komplexe Herkunftsgeschichte von Bennu

In knapp zwei Wochen soll die NASA-Sonde „Osiris Rex“ Proben vom Asteroiden Bennu entnehmen und damit zur Erde zurückkehren. Schon jetzt verraten neue Messdaten die komplexe Herkunftsgeschichte des Asteroiden – Satellitenbilder zeigen u. a. Rillen, die von Wasser stammen könnten.

Seit 2018 umkreist die US-amerikanische Raumsonde Osiris Rex den Asteroiden Bennu. Sie untersucht ihn seitdem mit all ihren Kameras und Spektrometern. Und dabei zeigte sich: „Bennu ist ein Bruchstück eines viel größeren Himmelskörpers. Er muss vor langer, langer Zeit zerstört worden sein, als das Sonnensystem noch jung war“, sagt Daniella DellaGiustina vom Lunar and Planetary Laboratory der Universität von Arizona in Tuscon. Die Autorin einer soeben im Fachmagazin „Science“ erschienenen Studie spricht damit über eine Zeit, die mehrere Milliarden Jahre zurückliegen dürfte.

Für diese Bruchstückthese sprächen Aussehen und Zusammensetzung einiger Felsen, die die Sonde auf der Oberfläche Bennus analysiert habe. „Wir sehen dort Verbindungen verschiedener Gesteinssorten“, sagt die Planetenwissenschaftlerin. „Es sieht aus, als seien sie geschmolzen, hätten sich dabei vermischt und wären dann wieder erstarrt.“ Solche Prozesse könnten sich aber nur auf einem wesentlich größeren Himmelskörper abgespielt haben.

Falschfarbenbild der Oberfläche von Bennu
DellaGiustinaet al., Science (2020)
Falschfarbenbild der Oberfläche von Bennu – mit hellem Stein

Wie kommen helle Steine auf Bennu?

Aber es kommt noch kurioser: „Osiris Rex“ hat sechs Felsbrocken fotografiert, die dort eigentlich nichts zu suchen haben. Genauer: Sie können nicht zu Bennu gehören. Sie sind viel heller als alle anderen auf seiner Oberfläche. Derart helle Steine kamen den Astronomen und Astronominnen bekannt vor – allerdings von ganz woanders her.

Die Forscher haben diese Steine mit dem Infrarotspektrometer an Bord der Sonde untersucht. Dabei zeigte sich, dass sie größtenteils aus Mineralien bestehen, die zur sogenannten Pyroxengruppe gehören. Von diesem Material gibt es im Asteroidengürtel aber nicht viel – außer auf Vesta. Die Wissenschaftler glauben daher, dass diese Steine irgendwie vom Asteroiden Vesta auf den Asteroiden Bennu gelangt sein müssen.

Wie genau nun Vesta, Bennu und der größere Ursprungskörper zusammenhängen und wer was wann aus wem herausgeschlagen hat – diese Puzzlesteine legen die Forscherinnen und Forscher derzeit noch zusammen.

Rinnsale einstigen Wassers

Auch muss nach dieser Kollision das neu entstandene Bruchstück Bennu aus dem Asteroidengürtel herauskatapultiert worden sein auf seine jetzige Bahn, auf der es bisweilen die der Erde kreuzt. Dabei hat es einige der geologischen Eigenschaften des Mutterkörpers behalten – zum Beispiel Wasservorkommen. Auf der Oberfläche Bennus hat „Osiris Rex“ Rillen von bis zu 150 Zentimeter Länge entdeckt. Dies müssen ehemalige Rinnsale sein, vermutet Hannah Kaplan vom Goddard Space Flight Center der US-Raumfahrtbehörde NASA in Maryland.

„Es gibt auf Bennu heutzutage kein flüssiges Wasser“, betont die US-Forscherin. Aber wahrscheinlich habe sich im frühen Sonnensystem Eis im Gestein von Bennus Mutterkörper eingelagert. Als er sich dann der Sonne genähert habe, sei das Eis im Innern des Asteroiden flüssig geworden. Teile dieses Wassers seien dabei an die Oberfläche gelangt. „Und dort haben sie diese kurzen Rinnsale gebildet, bevor sie im Vakuum des Weltraums verdunstet sind.“

In knapp zwei Wochen, am 20. Oktober, soll die Sonde “Osiris Rex“ sich Bennu so weit annähern, um eine Staubprobe nehmen zu können. Danach werden die Forscherinnen und Forscher Genaueres wissen.