Nobelpreis-Medaille
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Auszeichnung

„Wirtschaftsnobelpreis“ für Auktionsforscher

Versteigerungen sind heute alltäglich: Viele nehmen daran privat im Internet teil, bei Auktionen etwa von Mobilfunkfrequenzen fließen Hunderte Millionen Euro. Der „Wirtschaftsnobelpreis“ geht heuer an zwei Vorreiter dieser Bewegung, die beiden US-Auktionsforscher Paul R. Milgrom und Robert B. Wilson.

Das gab die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm Montagmittag bekannt. Die Arbeit von Milgrom und Wilson ermögliche es, neue Versteigerungsformate für Waren und Dienstleistungen zu schaffen, die bis dahin schwer zu verkaufen waren – wie etwa Radiofrequenzen. Dadurch hätten Käufer, Verkäufer und Steuerzahler profitiert, heißt es in der Urteilsbegründung.

Göran K. Hansson vom Nobelpreiskomitte ließ bei der Verkündung symbolisch einen Auktionshammer niedergehen und verwies auf die Wichtigkeit von Versteigerungen für das Wirtschaftsleben. Paul R. Milgrom, Jahrgang 1948, und Robert B. Wilson, geboren 1937, sind beide Professoren an der Stanford University, Wilson ist mittlerweile emeritiert.

Paul Milgrom (L) und Robert Wilson
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Bekanntgabe der beiden „Wirtschaftsnobelpreisträger“ 2020

Beispiel: Versteigerung von Radiofrequenzen

Wilson entwickelte in den 1990er Jahren eine Auktionstheorie für Objekte mit einem gemeinsamen Wert, der zunächst ungewiss, dann aber für alle gleich ist. Zwei Beispiele, die das Nobelpreiskomitee in seiner Begründung zitiert: die Menge von Bodenschätzen in einer bestimmten Gegend und der zukünftige Wert von Radiofrequenzen. „Wilson zeigte, warum rationale Bieter dazu tendieren, ihre Angebote unterhalb ihrer eigenen Einschätzung zu setzen – sie haben Angst vor dem ‚Fluch des Gewinners’, also einen zu hohen Preis bei Versteigerungen zu zahlen“, heißt es darin.

Milgrom formulierte hingegen eine allgemeine Auktionstheorie, die sich nicht nur auf gemeinsame Werte bezog, sondern auch auf private Werte, die von Bieter zu Bieter unterschiedlich sind. Er untersuchte Bietstrategien bekannter Auktionsformate und zeigte, dass Anbieter einen höheren Gewinn erzielen können, wenn die Bieter während der Auktion mehr über die Einschätzungen der anderen lernen.

„Die heurigen Preisträger begannen mit einer grundlegenden Theorie und haben ihre Ergebnisse später in praktischen Anwendungen genutzt, die sich weltweit ausgebreitet haben“, sagte Peter Fredriksson, der Vorsitzende des Nobelpreiskomitees. „Ihre Entdeckungen sind von großem Nutzen für die Gesellschaft.“

Kein klassischer Nobelpreis

Der „Wirtschaftsnobelpreis“ geht nicht auf das Testament von Dynamiterfinder und Preisstifter Alfred Nobel zurück, sondern wird seit 1968 von der schwedischen Reichsbank gestiftet. Die Nobelstiftung bezeichnet sie deshalb nicht als Nobelpreis, sondern als „Preis der Schwedischen Reichsbank für Wirtschaftswissenschaften in Gedenken an Alfred Nobel“. Trotzdem wird er gemeinsam mit den anderen Preisen an Nobels Todestag, dem 10. Dezember, überreicht.

Diesmal finden die sonst so feierlichen Nobelpreisverleihungen in Stockholm und Oslo wegen der Coronavirus-Pandemie in anderem und deutlich kleinerem Rahmen statt. In Stockholm, wo alle Preise bis auf den Friedensnobelpreis überreicht werden, ist statt der prunkvollen Zeremonie im Konzerthaus diesmal eine aus dem Rathaus übertragene Verleihung geplant, auf der die Preisträger aus ihrer jeweiligen Heimat zugeschaltet werden sollen.

Dotiert ist die Auszeichnung mit zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 950.000 Euro) pro Kategorie, das ist eine Million Kronen mehr als im Vorjahr. Im Vorjahr ging der Wirtschaftspreis an die Ökonomen Esther Duflo, Abhijit Banerjee und Michael Kremer, die damit für ihre Verdienste im Kampf gegen die globale Armut ausgezeichnet worden waren.