Regenwald im brasilianischen Amazonas
Thiago Foresti
Thiago Foresti
Forstwirtschaft

Wie man mit Wald Armut bekämpft

Nahrung, Bauholz, Medikamente: Arme Menschen beziehen viele Produkte und auch Einkommen aus dem Wald. Ihr Wohlergehen ist eng mit dem des Waldes verknüpft. Ein aktueller Bericht hat nun Möglichkeiten herausgearbeitet, wie Wälder und Bäume zur Armutsbekämpfung genutzt werden können.

Bis zu 115 Millionen Menschen könnten aufgrund der Coronavirus-Krise zusätzlich in extreme Armut rutschen. Davor warnt der aktuelle Weltarmutsbericht der Weltbank. Seit 1990 konnte der Anteil der Weltbevölkerung, der in extremer Armut lebt, von rund 36 Prozent auf rund neun Prozent reduziert werden. Die aktuelle Krise stoppt diese Erfolge und macht neue Blickweisen auf Armutsbekämpfung notwendig.

Wälder, Bäume und Armut

Rund 40 Prozent der Menschen, die in extremer Armut leben, also mit weniger als 1,90 Dollar pro Tag auskommen müssen, leben in Wäldern, in Waldnähe oder in Savannengebieten. Sie sind für das tägliche Überleben auf den Wald und die Bäume angewiesen, erklärt Christoph Wildburger vom Internationalen Verband Forstlicher Forschungsorganisationen (IUFRO). „Das kann Nahrung sein. Das kann Brennholz oder Bauholz sein. Das kann auch sein, dass ihr Einkommen zu einem größeren Teil auf Waldprodukte oder Waldgüter im weiteren Sinne beruht.“

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell, 15.10., 13.55 Uhr.

Das Global Forest Expert Panels Programme, das Wildburger koordiniert, hat dazu am Donnerstag einen Bericht veröffentlicht. Darin werden die Wald-Armut-Dynamiken umfassend analysiert. Diese Dynamiken müssen nicht immer positiv sein, den Wohlstand erhöhen und einen Weg aus der Armut bieten. Der Wald kann auch negativ auf die Menschen, die in seiner Nähe leben, wirken. Wildtiere können Feldfrüchte oder Haustiere rauben. Auch steht der Mensch mit dem Wald in einem Nutzungskonflikt, was die Wasserressourcen an Ort und Stelle betrifft.

Bewährte Instrumente zur Armutsbekämpfung

Bewährt hat sich der Wald als Instrument zur Armutsbekämpfung, wenn er zum Schutzgebiet erklärt wurde, zeigt der Bericht. Schutzgebiete stellen sicher, dass die lokale Bevölkerung den Wald nutzen kann, sie können auch Möglichkeiten für Ökotourismus bieten. „So kann man über die Vermarktung von Waldgütern ärmsten Menschen helfen, die direkt beim Wald leben“, sagt Wildburger.

Auch die Agroforstwirtschaft, die Kombination von Bäumen mit Ackerkulturen, kann Armut bekämpfen, wie das Beispiel des Vanilleanbaus auf Madagaskar zeigt. Rund 80 Prozent der weltweit vermarkteten Vanille stammt aus der nordöstlichen Region Sava. Sie stellt dort mittlerweile für viele Bäuerinnen und Bauern die Haupteinnahmequelle dar. Ein weiterer Ansatz, der Erfolg zeigt, ist die gemeinschaftliche Waldbewirtschaftung durch die lokale Bevölkerung. „Auch hier wird sichergestellt, dass das Einkommen aus dem Wald lokal bleibt und die Armut verringert.“

Kontextfaktoren entscheiden

Man könne nicht eine einzelne Maßnahme als globales Instrument zur Armutsbekämpfung empfehlen, betont Wildburger. Ob eine Maßnahme Armut reduziert oder diese vielleicht sogar verfestigt, hänge stark von den Kontextfaktoren ab. Entscheidend sind beispielsweise Eigentums- und Nutzungsrechte, die sicherstellen, dass die lokale Bevölkerung den Wald und seine Ressourcen nutzen kann. Auch klimatische Faktoren spielen eine Rolle, ebenso wie ökonomische, etwa der Zugang zu lokalen oder globalen Märkten.

Die Entwaldungsrate hat sich in den letzten zehn Jahren zwar verlangsamt, in manchen Weltgebieten, wie etwa in den Tropen, steigt sie aber weiterhin. Aufforstung könne diesen Waldverlust nicht kompensieren, so Wildburger. Im Vergleich zu Wald mit altem Bewuchs weist junger Wald eine geringere Biodiversität auf. Noch dazu wird durch die Entwaldung den Menschen, die nahe am Wald leben, die Grundlage für ihr tägliches Leben entzogen.