Medizin

Warum Kinder an Krebs erkranken

Jedes Jahr werden in Österreich etwa 300 Kinder und Jugendliche mit einer Krebsdiagnose konfrontiert. Die Ursachen der Krankheit erforschen Ärzte und Ärztinnen am St. Anna Kinderspital seit über 30 Jahren. Der Wissenszuwachs hat auch die Therapien deutlich verbessert.

Kinderkrebs ist anders, sagt Kaan Boztug, wissenschaftlicher Leiter der St. Anna Kinderkrebsforschung. Manche Krebsarten kommen fast nur bei Kindern vor. Jene zum Beispiel, bei denen ein Defekt in der Reifung von Zellen vorliegt. Das sind Zellen, die sich nicht weiterentwickeln und dann sozusagen entarten können, erklärt Boztug: „Das sind typischerweise die Krebsarten, die im Namen mit ‚Blastom‘ aufhören. Dazu gehört zum Beispiel das Neuroblastom.“ Diese Krebsarten kommen bei Erwachsenen praktisch nicht vor.

Andere Erkrankungen, wie etwa Leukämie, treten bei Kindern anders auf als bei Erwachsenen, so Boztug: „Wir haben mittlerweile viel tiefer verstanden, dass sie eben auch von den Ursachen her, auch von den genetischen Mutationen, die in Leukämien auftreten, sich wesentlich unterscheiden von Erwachsenenleukämien.“

Fortschritte in der Therapie

In der Erforschung des Neuroblastoms haben die Forscher der St. Anna Kinderkrebsforschung mittlerweile einige Fortschritte gemacht. Das Neuroblastom ist ein Krebs, der in Zellen der neuralen Leiste entsteht – in Zellen, die später zu Nervenzellen ausreifen. Die Forscher fanden heraus, dass ein bestimmter Antikörper bei schweren Formen des Neuroblastoms die Heilungschancen erhöht. Im Sinne einer Immuntherapie, wo also der Körper die Krebszellen bekämpft und zerstört.

„Das war so ein sensationelles Ergebnis, dass es mittlerweile auch in die Studienprotokolle in anderen Ländern Einzug gehalten hat“, so Boztug. Sein Team arbeitet auch eng mit dem St. Anna Kinderspital zusammen, wo krebskranke Kinder behandelt werden. Am St. Anna Forschungszentrum befindet sich auch die Koordinierungsstelle für ein internationales Forschungsprojekt zum Neuroblastom.

85 Prozent geheilt

Rund 85 Prozent der krebskranken Kinder werden in Österreich momentan im Durchschnitt geheilt. Bei Erwachsenen ist die Immuntherapie zuletzt als Alternative zur Chemotherapie erforscht und weiterentwickelt worden. Auch im Kinderbereich wird damit gearbeitet, etwa bei schweren Formen der Leukämie. Ein Ziel wäre es, spezielle Immuntherapien für verschiedene andere Kinderkrebsarten zu entwickeln, so Boztug.

Das sei aber eine Herausforderung, weil eben Kinderkrebs tatsächlich anders auftrete als Erwachsenenkrebs. „Wir versuchen, herauszufinden, was denn die Zielmoleküle sein können für die einzelnen Krebssorten, auf die eine solche zielgerichtete Immuntherapie gerichtet sein sollte“, fasst Boztug die Forschung zusammen.

Die Forschungsschwerpunkte in der St Anna Kinderkrebsforschung liegen auf den Gebieten der Tumorgenomik und -epigenomik, der Immunologie, der Molekularbiologie, der Zellbiologie, der Bioinformatik und nicht zuletzt in der klinischen Praxis. Für den Betrieb des Forschungsinstitutes werden jährlich mehr als 10 Millionen Euro benötigt, der Verein verfügt jedoch über keine Basis-Finanzierung durch die öffentliche Hand. Der Großteil des Geldes kommt durch Spenden zusammen.