Bilder des Gehirns bei einer Magnetresonanztomographie
DedMityay – stock.adobe.com
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Labor

Wenn das Gehirn zu wachsen aufhört

Mikrozephalie ist eine schwere Entwicklungsstörung des Gehirns, die häufig zu geistiger Behinderung führt. Wiener Forscher haben jetzt die genetischen Ursachen aufgeklärt – mit Hilfe von künstlich hergestellten Mini-Gehirnen.

Die aus Stammzellen entwickelten Gehirn-Organoide der Forscher um Jürgen Knoblich vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) sorgen schon seit ein paar Jahren für Furore in der Wissenschaftsgemeinde – und sind mittlerweile aus der neurologischen Grundlagenforschung nicht mehr wegzudenken. Jetzt haben die Forscher von der Akademie der Wissenschaften eine Methode entwickelt, die eine Brücke zwischen Genetik und Gehirnentwicklung schlägt.

Stammbaum der Nervenzellen

Mit einer „Barcoding-Methode“ versahen sie jede Zelle im Organoid und deren Elternzellen mit genetischen Adressschildern. „So erschließt sich für uns eine Art Zell-Stammbaum, und wir können feststellen, welchen Ursprung die Zellen in einem Organoid haben“, erklärte IMBA-Forscher Dominik Lindenhofer in einer Aussendung. Mit der CRISPR-Cas9 Genschere erzeugten die Forscher dann Hunderte von Mutationen in den Organoiden und untersuchten, wie sich der Stammbaum dadurch änderte.

Auf diese Weise fanden sie heraus, wie es zu der schweren Entwicklungsstörung der Mkirozephalie kommen kann – ein Syndrom, das bereits in der Antike beschrieben wurde. Wenn ein Signalgeber namens „IER3IP1“ in der Eiweißstoff-Fabrik der Zelle (Endoplasmatisches Retikulum) fehlerhaft ist, bilden bestimmte Nervenzellen weniger Nachkommen und das Gehirn bleibt klein. Ohne „IER3IP1“, schreiben die Forscher im Fachblatt „Science“, sei offenbar kein gesundes Gehirnwachstum möglich.