Oktopus schwimmt mit seinen biegsamen Extremitäten durchs dunkle Wasser
Lena van Giesen
Lena van Giesen
Sinne

Wie Oktopusse mit Tentakeln schmecken

Acht Fangarme, drei Herzen und ein Gehirn, das auf den gesamten Körper verteilt ist: Kraken sind ebenso bizarre wie kluge Tiere. Biologen der Universität Harvard haben nun herausgefunden, dass auch der Geschmackssinn der Weichtiere einzigartig ist.

Dass Oktopusse mit ihren Saugnäpfen nicht nur tasten, sondern auch schmecken können, wusste man bereits. Jetzt haben Forscher die Sinneszellen isoliert und ihren inneren Aufbau aufgeklärt. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift “Cell“ veröffentlicht.

Chemorezeptoren in Saugnäpfen

„Wir haben herausgefunden, dass die Saugnäpfe zwei unterschiedliche Typen von Rezeptorzellen aufweisen.“, erklärt der Biologe Nicholas Bellono von der Harvard University. Mechanorezeptoren reagieren auf Berührungsreize, während eine zuvor noch nicht beschriebene Art von Chemorezeptoren durch chemische Reize angesprochen wird.

Über diese Chemorezeptoren wurde bisher nur spekuliert, sagt Bellono. Genährt wurde diese Spekulation durch das Verhalten der Kopffüßer. Die Forscher boten dem Oktopus im Aquarium eine Beute an, die er nicht sehen, sondern nur durch ein Loch ertasten konnte. Handelte es sich dabei um eine Krabbe, langte der Oktopus zu, war es aber nur ein krabbenähnlicher Gegenstand, dann zeigt er kein wirkliches Interesse daran. Ein Hinweis, dass er seine Beute nicht nur ertasten, sondern auch am Geschmack identifizieren kann (© Video: Peter Kilian).

Die von den Forschern untersuchten Chemorezeptoren bestehen aus unterschiedlichen Proteinen, die auf unterschiedliche chemische Auslöser zugeschnitten sind. Der Geschmackssinn des Oktopusses entsteht durch das Zusammenspiel dieser verschiedenen Proteine. Die Signale der Rezeptoren werden wiederum im Nervensystem des jeweiligen Arms verarbeitet. Der Oktopus verfügt über ein dezentrales Nervensystem. Nur ein Teil davon sitzt im Gehirn, der Großteil befindet sich in den acht Fangarmen.

Schmecken durch Anfassen

Die meisten Meerestiere würden mit Hilfe ihres Geruchssinns im Wasser gelöste Substanzen wahrnehmen, die sich über weite Entfernungen verbreiten. Beim Oktopus sei das anders, erklärt der Molekularbiologe. Er muss die Dinge begreifen, und zwar im wortwörtlichen Sinne. Er schmeckt, indem er tastet. Im Labor zog der Oktopus seine Tentakel sofort zurück, wenn er auf eine mit Terpenoiden bestrichene Fläche stieß. Terpenoide sind Chemikalien, die von einigen Tieren als Abwehr- oder Warnsignal abgesondert werden.

„Der Oktopus ist perfekt auf seinen Lebensraum am Meeresboden angepasst“, sagt Nicholas Bellono. Die nun analysierten Geschmacksrezeptoren in den Fangarmen seien ein weiteres Beispiel dafür. Nun wollen die Forscher herausfinden, ob auch andere Kopffüßer dieselben Rezeptoren aufweisen – auch wenn sie nicht am Meeresboden leben.