Junge Frau mit Kopfhörern und geschlossenen Augen sitzt auf einem weißen Sofa
fizkes/stock.adobe.com
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Hirnströme

Wenn Musik unter die Haut geht

Bei mindestens der Hälfte aller Menschen kann Musik einen fühlbaren wohligen Schauer auslösen. Anhand von Gehirnwellen haben Forscher nun analysiert, was dabei im Kopf passiert.

Eigentlich ist Gänsehaut ein Kältereflex, aber auch wenn man Angst hat oder etwas sehr Angenehmes erlebt, können einem die Härchen auf unserer Haut zu Berge stehen. Letzteres passiert etwa, wenn wir unsere Lieblingsmusik hören. Diese Reaktion lässt sich auch im Gehirn messen. Vor einigen Jahren haben etwa Forscher festgestellt, dass das Gehirn von Menschen, die beim Musikhören Gänsehaut bekommen, auf eine spezielle Art und Weise verknüpft ist: Hören und Gefühle scheinen dort besonders eng miteinander verbunden zu sein.

Um so etwas festzustellen, werden üblicherweise tomographische Methoden verwendet. Das ist relativ aufwendig und in alltäglichen Settings nicht einsetzbar. Ob sich die musikalischen Erlebnisse auch mit der vergleichsweise einfachen Elektroenzephalographie (EEG) messen lassen, haben die Forscherinnen und Forscher um Thibault Chabin von der Université des Bourgogne Franche-Comté nun in ihrer soeben in „Frontiers of Neuroscience“ erschienenen Studie getestet.

Intensität ablesbar

Dafür wurden 18 männlichen und weiblichen Versuchspersonen verschiedene Ausschnitte ihrer Lieblingsmusik vorgespielt. Gleichzeitig wurden die Gehirnströme mittels Elektroden auf der Kopfhaut gemessen. Laut den Forschern war die Intensität der Gefühle an den Gehirnwellen tatsächlich ablesbar. Zuvor hatten die Probandinnen und Probanden ihre Lieblingsstellen genannt. Im Versuch wurden sie sogar noch öfter von wohligen Schauern erfasst. Insgesamt mehr als 300 Mal. Bis zu zehn Sekunden dauerte das Gänsehautgefühl.

Währenddessen waren Aktivitäten in drei Gehirnregionen messbar. In diesen werde einerseits die Musik verarbeitet und gleichzeitig das Belohnungssystem aktiviert sowie Dopamin ausgeschüttet. Der körpereigene Botenstoff löst Zufriedenheit und Freude aus. Gemeinsam mit der Vorfreude auf die Lieblingsstelle entstehe so das angenehme Kribbeln im Körper, erklären die Studienautoren.

Dass bei der Verarbeitung Dopamin und das Belohnungssystem des Gehirns ins Spiel kommen, habe womöglich mit einer althergebrachten Funktion zu tun, mutmaßt Chabin in einer Aussendung. Diese Funktion könnte etwa in der Erwartung des freudigen Schauers liegen. „Vorherzusehen“, was demnächst passiert, könnte in der Evolution entscheidend gewesen sein.