Konzentrationslager Mauthausen
APA/HARALD SCHNEIDER
APA/HARALD SCHNEIDER
Novemberpogrome

Gedenken für Menschen mit Behinderung

Am 9. November 1938 ereigneten sich die Novemberpogrome – Vorboten der Schoah. Die Nazis ermordeten Millionen Juden, dazu auch Menschen mit Behinderung und psychisch kranke Personen. Heute gibt es im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen spezielle Workshops für beeinträchtigte Menschen.

Rund 40 Kilometer von der Gedenkstätte Mauthausen entfernt liegt die ehemalige Euthanasieanstalt Schloss Hartheim. Zwischen 1940 und 1945 wurden hier rund 30.000 Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung und auch psychisch kranke Menschen ermordet. Manche waren zuvor bereits als Häftlinge in Mauthausen gewesen und wurden nach Hartheim überführt, um sie hier gezielt zu töten.

Großes Interesse

An der Gedenkstätte Mauthausen können Menschen mit psychosozialen Beeinträchtigungen spezielle Workshops und Rundgänge zur NS-Geschichte machen. Das Angebot geht zurück auf die Idee von Mitarbeitern der Gedenkstätte, die zugleich im Hauptberuf Betreuer für Menschen mit psycho-sozialen Beeinträchtigungen sind.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 9. 11. 2020, 13:55 Uhr

Gerade Menschen mit geistigen oder sozialen Einschränkungen seien oft sehr interessiert an einem Besuch der Gedenkstätte Mauthausen, erklärt Gudrun Blohberger, pädagogische Leiterin der Gedenkstätte Mauthausen: „Weil sie genau wissen, dass sie, hätten sie in dieser Zeit gelebt, Opfer dieses Systems geworden wären.“

Brücke zur Gegenwart schlagen

Gerade deshalb müsse ein solcher Workshop aber auch besonders behutsam vorbereitet werden, erklärt sie. Mehr Zeit für die Vor- und Nachbereitung wird eingeplant und auch mehr Zeit für Fragen – oder Schweigen – vor Ort. Wenn einzelne Teilnehmerinnen und Teilnehmer plötzlich das erste Mal aussprechen: „Ich wäre Opfer des NS-Regimes geworden, hätte ich damals gelebt“, seien das meistens sehr starke emotionale Momente.

Die Aufgabe der Pädagoginnen sei es, dass aus dieser schrecklichen Erkenntnis weitere folgen. Und bestenfalls eine Tür zu einem positiveren Blickwinkel geöffnet werde. Vor allem versuche man ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Situation heute für Menschen mit Behinderungen oder psychosozialen Beeinträchtigungen eine bessere ist als damals, so Blohberger. „Wir möchten ihnen vermitteln, dass sie sich geschützt fühlen können und dass es ganz wichtig ist, dafür zu kämpfen, dass sich die Situation von Menschen mit Beeinträchtigungen immer weiter zum Positiven entwickeln kann.“

Nachbetreuung besonders wichtig

Die Betreuerinnen der Einrichtungen, in denen die Menschen mit besonderen Bedürfnissen leben oder sich aufhalten, sind ebenfalls in das Programm eingebunden. Denn manchmal ergeben sich auch Tage nach dem Besuch noch Fragen oder Erinnerungen, die es zu verarbeiten gilt.