Krebstherapie

Behandlungsverzögerung erhöht Sterberisiko

Im Zuge der Coronavirus-Pandemie sind weltweit viele nicht dringliche Operationen und Behandlungen verschoben worden. Gerade für Krebs-Patienten könne dies das Sterberisiko aber deutlich erhöhen, wie nun Mediziner und Medizinerinnen berechnet haben.

Schon ein Monat Verzögerung in der Krebstherapie könne das Sterberisiko um drei bis 13 Prozent erhöhen, so das Fazit der Wissenschaftler im Fachblatt „The BMJ“ – und es wachse umso mehr, je später die Behandlung beginne.

Sieben Krebsarten untersucht

Dass sich eine verspätete Behandlung bei Krebspatienten negativ auswirkt, war bereits bekannt. Ein Team um den Onkologen Timothy Hanna von der kanadischen Queen’s Universität untersuchte nun im Detail, wie sich eine Verzögerung zwischen Diagnose und Therapiebeginn auf die Mortalität von Patienten auswirkt. Dafür führten die Wissenschaftler eine Metaanalyse von 34 Studien aus der Zeit von Januar 2000 bis April 2020 mit insgesamt knapp 1,3 Millionen Patienten durch. Die Arbeiten behandelten chirurgische Eingriffe, systemische Therapien (etwa Chemotherapien) und Strahlentherapien für sieben Krebsarten – darunter Blasen-, Brust-Darm- und Lungenkrebs – die zusammen 44 Prozent aller weltweit auftretenden Krebsarten ausmachen.

Das Ergebnis: „Eine vierwöchige Verzögerung der Therapie ist bei allen gängigen Formen der Krebsbehandlung mit einem Anstieg der Mortalität verbunden, wobei längere Verzögerungen zunehmend nachteilig sind“, so Hauptautor Hanna. Konkret erhöhe sich das Sterberisiko bei Operationen für jede vierwöchige Verzögerung um sechs bis acht Prozent, bei einigen Strahlen- und systemischen Therapien sogar um bis zu 13 Prozent. Die Mediziner kalkulierten, dass Verschiebungen um acht bis zwölf Wochen das Todesrisiko noch weiter erhöhten. Als Beispiel dafür nennen sie Brustkrebs, bei dem eine achtwöchige Operationsverzögerung das Risiko um 17 Prozent ansteigen lasse, bei zwölf Wochen gar um 26 Prozent.

Zusammenhänge, keine Korrelationen

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler räumen ein, dass ihre Studie auf Beobachtungsstudien basiert, was bedeute, dass Zusammenhänge nicht einwandfrei belegt werden könnten. So könnten Verschiebungen etwa auch daher rühren, dass Patienten Mehrfacherkrankungen haben, die das Sterberisiko erhöhen. Nichtsdestotrotz sei es gerade mit Blick auf die Coronavirus-Pandemie wichtig, die möglichen Folgen von Behandlungsverzögerungen besser zu verstehen.

Im Mai hatte eine Studie des National Institute for Health Research (NIHR) der britischen Universität Birmingham für Aufsehen gesorgt, der zufolge weltweit rund 28 Millionen chirurgische Eingriffe aufgrund der Coronavirus-Pandemie verschoben wurden. Wie viele Operationen deshalb etwa in Österreich tatsächlich aufgeschoben wurden, lässt sich nach aktuell noch nicht sagen.