Hand mit Smartphone
APA/AFP/Oli SCARFF
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Telemedizin

Während der Krebstherapie via App betreut

Telemedizinische Betreuung wird in der CoV-Pandemie – auch abseits der Gesundheitsnummer 1450 – wichtiger. Eine App für Krebspatientinnen und -patienten geht nun an der Medizinischen Universität Wien in den Regelbetrieb. Sie kann den Weg in die Ambulanz ersparen.

Aus Angst vor dem Coronavirus Sars-CoV-2 das Krankenhaus zu meiden, kann verheerende Folgen haben. Gerade für Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen stellt die Telemedizin ein gutes, alternatives Betreuungsangebot dar, ist Alexander Gaiger vom Comprehensive Cancer Center der MedUni Wien und des AKH Wien, überzeugt.

Telemedizin 3.0

„Da rede ich nicht von dieser alten Telemedizin 1.0, wo wir durch Telefon oder Videokonferenzen räumliche Distanz überwinden.“, betont der Mediziner. In den letzten zehn Jahren hätte man integrative Systeme entwickelt, die gut auf die Bedürfnisse chronischer Erkrankter abgestimmt seien. Gaiger, der als Programmdirektor für Telemedizin und eHealth-Lösungen verantwortlich ist, bezeichnet diese Systeme als Telemedizin 3.0. Sie geht über die Funktionen der Telemedizin 1.0, der Überwindung räumlicher Distanz, und der Telemedizin 2.0, der Digitalisierung von medizinischen Daten, wie beispielsweise von Befunden in Form der elektronischen Krankenakte ELGA, hinaus.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 12.11. um 13.55

Die aktuelle Telemedizin ergänzt diese Formen der medizinischen Betreuung um die Symptomerhebung durch die Patientinnen und Patienten. Sie dokumentieren, je nach Erkrankung, täglich oder wöchentlich ihre Symptome in einer App. Ein Algorithmus bestimmt auf Basis dieser Daten Risiken, die wiederum die Grundlage dafür sind, ob Patientinnen und Patienten in die Ambulanz kommen sollen oder nicht.

Digitale Lösungen im Regelbetrieb

„Überlegen Sie, wie es Tumorpatientinnen und -patienten ab Freitagnachmittag geht, wenn sie ihre Onkologin oder ihren Onkologen nicht erreichen können und dann in eine Notfallaufnahme gehen müssen.“, schildert Gaiger die Problematik. „Wenn sie vorher nicht krank sind, sind sie nachher wahrscheinlich krank, wenn sie in der Grippe- und Covid-19-Zeit dort warten.“ Mitte November wird daher das in den letzten Jahren bereits erprobte e-SMART-System in der Abteilung für Hämatologie der MedUni Wien in den Regelbetrieb gehen.

„Wir rollen es jetzt in der Routine aus, um in der Pandemie die Menschen auch zu Hause kompetent zu betreuen.“, sagt der Medizinier. Zwar werde man die Patientinnen und Patienten auch weiterhin stationär und ambulant betreuen, jedoch nur mehr dann, wenn es auch wirklich notwendig sei.

Teletriage am Handy

Ob es notwendig ist, berechnet ein Algorithmus auf Basis der von den Patientinnen und Patienten eingegebenen Symptomen. Für diese Teletriage wird ein Ampelsystem verwendet. Bei milden Symptomen – Ampelfarbe grün – bekommen die Betroffenen Empfehlungen für Maßnahmen, die sie zu Hause durchführen können. „Bei einer Schleimhautentzündung wird Ihnen beispielsweise zu Salbeitee, Kochsalzlösungen oder ähnlichem geraten.“ Sind die Beschwerden ausgeprägter, leuchtet die Ampel orange und die Patientinnen und Patienten werden innerhalb von acht Stunden von medizinischen Fachkräften angerufen. In einer akuten Situation, wenn die Ampel auf Rot steht, läutet das Handy bereits nach wenigen Minuten, man wird telefonisch betreut und bekommt auch die Information, in welcher Ambulanz die Wartezeit gerade gering ist.

Das System erfülle die Regeln der Datenschutzgrundverordnung und würde durch die standardisierte Symptomerhebung Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegefachkräfte entlasten, sagt Alexander Gaiger. „Personal ist nicht sehr aufwendig, weil ja meine Arbeit mir abgenommen wird.“ Neunzig Prozent der Zeit werde aktuell verwendet, um Symptome zu erheben und zu dokumentieren. Zeit, die man besser der Diagnostik und den Anliegen der Patientinnen und Patienten widme, ist Gaiger überzeugt.