Ein obdachloser Mann sitzt auf einer Steinbank und schläft
AFP – MICHAL CIZEK
AFP – MICHAL CIZEK

Obdachlose besonders gefährdet

Das Coronavirus verbreitet sich besonders schnell unter Menschen, die in prekären Situationen und auf engem Raum zusammenleben. Das zeigt eine Studie von Ärzte ohne Grenzen, die im Großraum Paris Obdachlosenheime, Suppenküchen und Arbeiterunterkünfte unter die Lupe genommen hat.

Das Ergebnis war zu erwarten, dennoch sei man erstaunt, wie deutlich es ausgefallen ist, so die Österreicherin Birgit Nikolay, die an der Studie von Ärzte ohne Grenzen in Paris und seinen Vororten mitgearbeitet hat: „Es hat uns schon überrascht, dass jeder zweite, der an der Studie teilgenommen hat, mit dem Coronavirus infiziert war.“

Dabei handelt es sich um Menschen mit verschiedenen Hintergründen, wie Obdachlose, Migranten oder auch unbegleitete Minderjährige. Zum Vergleich: Im gesamten Großraum Paris war nur jeder zehnte Einwohner betroffen. Die Studie von Ärzte ohne Grenzen hat sich zehn Notunterkünfte, zwei Essensausgaben und zwei Arbeiterunterkünfte angeschaut, insgesamt 818 Teilnehmer und Teilnehmer wurden zwischen Juni und Juli auf Antikörper getestet.

Ansteckungen trotz Schutzmaßnahmen

„Menschen, die in engen Räumen mit mehreren anderen zusammenwohnten, hatten ein höheres Infektionsrisiko“, so Epidemiologin Birgit Nikolay. Am höchsten war die Ansteckungsrate in den Arbeiterunterkünften, in einer davon hatten sich 94 Prozent der Bewohner angesteckt.

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 24.11., 13:55 Uhr.

Dabei gab ein Großteil der Studienteilnehmer und -teilnehmerinnen an, die sanitären Schutzvorkehrungen eingehalten zu haben, also etwa Händewaschen und regelmäßiges Lüften – Masken seien zu dem Untersuchungszeitpunkt nicht immer verfügbar gewesen, so Nikolay. „Wenn Menschen auf sehr engem Raum miteinander leben, scheinen diese Maßnahmen nicht ausreichend sein, sich vor Infektionen zu schützen.“

Zwei Drittel der Getesteten waren asymptomatisch, dürften sich ihrer Ansteckung also gar nicht bewusst gewesen sein. Ein Grund mehr, um verstärkt in diesen Unterkünften zu testen, meint die Epidemiologin Birgit Nikolay. „Generell wäre es besser, wenn diese Leute ihr eigenes Zimmer haben. Wenn das nicht für alle möglich ist, sollte man besonders die Leute schützen, die ein höheres Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben, also Menschen mit Vorerkrankungen und Ältere.“