Coronavirus unter dem Mikroskop und eingefärbt
NIAID-RML
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Coronavirus

Immunität laut Studie langanhaltend

Nach vielversprechenden Ergebnissen zweier Impfstoffe haben Forscher und Forscherinnen erneut gute Nachrichten in Sachen Coronavirus: Das Immunsystem des Menschen scheint nach einer Infektion deutlich länger Schutz zu bieten als bisher gedacht – möglicherweise mehrere Jahre.

Zwar reagieren Patientinnen und Patienten sehr unterschiedlich auf eine Erkrankung, die große Mehrheit verfügt aber auch acht Monate danach über genug Immunzellen, um das Coronavirus abzuwehren. Das berichtet ein Team um Shane Crotty vom La Jolla Institute for Immunology in Kalifornien in einer Studie, die noch nicht von der Fachgemeinde begutachtet wurde und somit als Preprint erschienen ist. „Tolle Immunologie“, kommentierte der österreichische Virologe Florian Krammer von der Icahn School of Medicine in New York, der ebenfalls an der Studie mitgearbeitet hat, auf Twitter.

Gesamte Immunreaktion über acht Monate untersucht

In den vergangenen Monaten gab es eine Reihe von Hinweisen, die in eine andere Richtung wiesen: Einzelfälle von Personen, die sich nach einer Infektion ein zweites Mal ansteckten, Studien, wonach die Menge der gegen das Coronavirus wirkenden Antikörper rasch nach einer Infektion sinkt, und Beobachtungen, dass viele Infizierte überhaupt keine Antikörper bilden.

Antikörper sind aber nur ein Teil der Immunantwort. Crotty und sein Team haben nun nicht nur deren Verlauf nach einer Infektion untersucht, sondern auch die anderen Bestandteile der erworbenen Immunabwehr: B-Zellen und T-Zellen, die für das immunologische Gedächtnis sorgen und somit den Schutz bei erneuter Infektion mit demselben Erreger verbessern. 185 Coronavirus-Infizierte waren das „Ausgangsmaterial“ der Studie, die allermeisten von ihnen entwickelten nur leichte Symptome, 41 von ihnen gaben mehrere Blutproben ab, zum Teil acht Monate nach der Ansteckung.

Große Mehrheit gut geschützt

Haupterkenntnis: Die verschiedenen Teile der Immunabwehr verhalten sich unterschiedlich. Im Gegensatz zu anderen Studien erwiesen sich die Antikörper als erstaunlich „haltbar“, ihre Anzahl verringerte sich nach einem halben Jahr relativ wenig. Der Verlauf ist bei verschiedenen Patienten und Patientinnen aber höchst unterschiedlich. Die höchste gemessene Menge an Antikörpern nach einem halben Jahr lag 200-mal über der niedrigsten. Die Unterschiede könnten an den verschiedenen Virenlasten liegen, die die Patienten und Patientinnen trugen.

Auch die Menge der T-Zellen sank nur langsam ab. Die B-Zellen wurden im Lauf des Untersuchungszeitraums von acht Monaten sogar mehr – ein unerwartetes Ergebnis, das sich die Forscherinnen und Forscher bisher nicht erklären können. Die Stoßrichtung der Studie ist jedenfalls eindeutig positiv. Das beobachtete Immungedächtnis „kann die große Mehrheit der Menschen viele Jahre lang vor schweren Krankheitsverläufen schützen“, fasst es Studienautor Crotty gegenüber der „New York Times“ zusammen.

Vielversprechende Impfergebnisse

Die Studie folgt einer Reihe guter Nachrichten der letzten Tage. Die Pharmafirmen Biontech und Pfizer nahmen am Mittwoch die entscheidende Hürde für eine mögliche Zulassung ihres Coronavirus-Impfstoffs in den USA. Nach einer finalen Analyse der entscheidenden Studie habe der Impfstoff einen Schutz von 95 Prozent vor Covid-19 gezeigt, teilten die beiden Unternehmen mit. Erste Ergebnisse eines Impfstoffs des Pharmakonzerns Moderna fielen ähnlich vielversprechend aus.

Verknüpft man die Meldungen, ergeben sich positive Aussichten: Die Impfstoffe könnten für eine lang andauernde Immunreaktion sorgen, jährliche Auffrischungen möglicherweise nicht nötig sein. Allerdings: Das letzte Wort ist damit, wie immer in der Wissenschaft, nicht gesprochen. Es gibt eine Reihe anderer Studien, die andere Beobachtungen gemacht haben, und die aktuelle Studie harrt noch der Kontrolle durch die Community.