Zettel, auf dem zum Maskentragen aufgefordert wird
APA/ROLAND SCHLAGER
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Verhaltensökonomie

Wie Menschen motiviert werden

Die überwiegende Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher hält sich an die Corona-Schutzmaßnahmen. Doch die Motivation sinkt. Die Verhaltensökonomie sucht nach Wegen, den sozialen Zusammenhalt zu stärken – Erkenntnisse aus der Klimaforschung könnten helfen.

Vernünftig und geduldig sollen die Menschen sein, wenn es um die Einhaltung der Maßnahmen gegen das Coronavirus geht, doch das fällt einigen schwer. Denn, so eine bekannte Erkenntnis der Verhaltensökonomie, vollkommen rational verhalten sich Menschen nicht, auch wenn es um schwerwiegende Risiken wie Pandemien geht.

Wie man verhaltensökonomische Forschungsergebnisse nutzen könnte, um es Menschen leichter zu machen, die Maßnahmen einzuhalten und zu kooperieren, wird ab morgen eines der Themen der Online-Konferenz „Corona verstehen“ in Innsbruck sein. Dazu gehören Erkenntnisse aus der Umweltforschung, die auch in der Bekämpfung der Pandemie nützlich sein können.

Soziale Normen motivieren

Geht es um abstrakte, zukünftige Risiken, fällt es Menschen schwer, sich rational zu verhalten und entsprechende Maßnahmen in der Gegenwart zu ergreifen. Das gelte bei der Coronavirus-Pandemie wie bei der Klimakrise, sagt Katharina Momsen, Verhaltensökonomin an der Universität Innsbruck. „Also für mich persönlich wäre es angenehm, mich nicht an die Maßnahmen zu halten und darauf zu vertrauen, dass alle anderen das schon machen und die Zahlen wieder runter gehen“, so Momsen. Man selbst möchte die Kosten einer Verhaltensänderung nicht auf sich nehmen und hofft, dass andere es tun.

In Bezug auf umweltfreundlicheres Verhalten wisse man, dass soziale Normen ein motivierender Faktor sein können. „Wenn man den Haushalten etwa sagt, dass ihre Nachbarn alle weniger Energie verbrauchen, dann sinkt bei den Haushalten, die vorher mehr Energie verbraucht haben, der Stromverbrauch“, sagt Momsen. Mehr Lob für jene, die sich an die Maßnahmen halten, könnte dazu führen, dass andere ihnen folgen.

Menschen an der Gestaltung beteiligen

Die deutsche Bundesregierung veröffentliche etwa Videos über Jugendliche, die sich bewusst isolieren und zuhause bleiben und bezeichnet sie als „besondere Helden“, also als positive Vorbilder, denen man nacheifern solle. Die Menschen an der Gestaltung der Maßnahmen zu beteiligen, könne sich ebenfalls positiv auswirken, meint die Verhaltensökonomin. „Das wird salopp als Ikea-Effekt bezeichnet, wenn man das Möbelstück selber aufgebaut hat, dann ist es mehr wert, weil man mehr Verbindung dazu aufgebaut hat, als wenn man es einfach nur gekauft hat“, so Momsen. Dass lasse sich auch auf die Coronavirus-Maßnahmen übertragen.

Menschen daran zu beteiligen, Regeln und Schutzmaßnahmen auszuarbeiten, das wäre etwa am Arbeitsplatz oder in den Schulen denkbar, sagt Momsen. Für die Behörden sei es schwierig, die individuelle Situation von Unternehmen oder Schulklassen zu bewerten. Hier die Arbeitnehmenden bzw. die Eltern einzubeziehen, verbessere die Kooperation.

Noch öfter „anstupsen“

Zu den mittlerweile klassischen Instrumenten der Verhaltensökonomie zählt das Nudging: Man fährt mit dem Auto in eine 30er-Zone, ein Geschwindigkeitsmesser strahlt mit einem Smiley zurück, wenn man sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung hält bzw. zieht die Mundwinkel traurig nach unten, wenn man zu viel Gas gibt. Das ist ein klassischer „Nudge“, ein Anstupser, der Menschen dazu bringen soll, sich richtig zu verhalten. Solche Nugdges untersucht die Verhaltensökonomie in vielen Bereichen, auch im Zusammenhang mit den Coronavirus-Maßnahmen, sagt Momsen.

„Jetzt gerade sehen wir das beim Einkaufen zum Beispiel, da sind in den Supermärkten auf dem Boden aufgeklebt, wie weit man Abstand halten sollte, damit die eineinhalb Meter eingehalten werden“, so die Verhaltensökonomin. Solche Hinweise im öffentlichen Raum zum Abstand halten und Masken tragen, kommen oft zum Einsatz, könnten aber noch häufiger eingesetzt werden, sagt Momsen.