Impfstoff von AstraZeneca und Uni Oxford auf einem Tisch
APA/AFP/University of Oxford/John Cairns
APA/AFP/University of Oxford/John Cairns

Kritik an AstraZeneca-Impfstoff

Als dritter westlicher Pharmakonzern hat AstraZeneca am Montag von vielversprechenden Ergebnissen seines Coronavirus-Impfstoffs berichtet. Doch nun mehrt sich Kritik: Speziell die Wirksamkeit bei älteren Patienten könnte überschätzt worden sein.

Schon in der Pressemitteilung vom Montag hatte der Umstand verblüfft, dass der Impfstoff in einer niedrigeren Dosierung wirksamer ist als in einer höheren. Der schwedisch-britische Pharmakonzern AstraZeneca und die Universität Oxford berichteten darin von zwei Gruppen: Der einen war zunächst eine halbe Dosis des Impfstoffs verabreicht worden, danach mit einem Abstand von mindestens einem Monat eine zweite, volle Dosis. Die andere Gruppe hatte zwei volle Dosen bekommen. Während die Wirksamkeit in der ersten Gruppe 90 Prozent betrug, lag sie bei der zweiten bei 62 Prozent.

“Schlechte Noten in Sachen Transparenz“

Wie es überhaupt zu den beiden Gruppen gekommen war, blieb anfangs unklar. Mene Pangalos, der Coronavirus-Impfstoff-Chefentwickler von AstraZeneca, sprach zunächst von einem „glücklichen Zufall“. Die Universität Oxford präzisierte am Mittwoch, dass es sich um einen Herstellungsfehler handelte, durch den Chargen des Impfstoffs zu gering konzentriert waren. Manche der Studienteilnehmer hätten deshalb nicht die komplette Dosis erhalten. Die Uni habe das Problem den zuständigen Behörden mitgeteilt und danach mit den zwei verschiedenen Gruppen weitergearbeitet.

Genau darin liegen aber einige Ungereimtheiten, denn in der Presseaussendung wurden die beiden Gruppen zur Gesamtaussage eines 70-prozentigen Schutzes kombiniert. “Ich kann nicht nachvollziehen, wie diese Information zustande kommt", kritisierte etwa die Biostatistikerin Natalie Dean von der University of Florida auf Twitter. AstraZeneca und die Universität Oxford würden in Sachen Transparenz bei der Veröffentlichung ihrer Studienresultate schlechte Noten verdienen.

Keine Älteren in Niedrigdosierungsgruppe

Die beiden Hauptprobleme: Die Niedrigdosierungsgruppe war mit rund 2.700 Probanden deutlich kleiner als die andere mit fast 9.000 – das macht statistische Vergleiche schwierig. Und noch bedeutsamer: Niemand in der Niedrigdosierungsgruppe war über 55 Jahre alt. Da das Immunsystem von Jüngeren besser reagiert, könnte das den höheren Impfschutz erklären – und nicht die niedrigere Dosis.

Ob die Ungereimtheiten die Chance einer raschen Notfallzulassung des Impfstoffs verringert, ist noch unklar. Die zuständige US-Behörde FDA verlangt eine Wirksamkeitsrate von 50 Prozent, und die scheint das AstraZeneca-Vakzin zu haben. Wie die “New York Times“ berichtet, haben die Fehler und die Art, wie AstraZeneca die Daten ursprünglich offenlegte, das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Ergebnisse aber untergraben. Der Aktienkurs des Pharmakonzerns scheint das zu bestätigen, er ist seit Montag gefallen.