Spritze und Impfstofffläschchen
Adobe Stock/Daniel CHETRONI
Adobe Stock/Daniel CHETRONI

So prüft die EU Impfstoffe

Die Pharmafirmen Moderna und Biontech/Pfizer haben am Montag Anträge auf eine bedingte Marktzulassung ihrer Coronavirus-Impfstoffe in der EU beantragt. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) könnte sie noch vor Jahresende erteilen. Im Folgenden die wichtigsten Antworten zum Zulassungsprozess.

Wie läuft eine Zulassung in Europa generell ab?

Da heute praktisch kein Impfstoff mehr ausschließlich für einzelne Länder zugelassen wird, ist dieses Verfahren größtenteils durch das zentrale europäische Zulassungsverfahren ersetzt worden. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) mit Sitz in Amsterdam ist dabei als zentrale Prüfstelle zuständig. Nach einem Prüfverfahren gibt der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) eine Empfehlung über den Zulassungsantrag ab. Diese bildet die Basis für die endgültige Zulassungsentscheidung durch die EU-Kommission.

Was bedeutet das neue Rolling-Review-Verfahren?

Die Zulassungsanträge für Coronavirus-Impfstoffkandidaten können in einem „Rolling-Review“ bewertet werden – das ist sowohl bei Moderna als auch bei Biontech/Pfizer der Fall. Das Verfahren dient der Beschleunigung der Bewertung durch die EMA. Die Beurteilung des Impfstoffkandidaten wird bereits begonnen, bevor alle erforderlichen Daten für einen „normalen“ Zulassungsantrag eingereicht wurden. Die EMA bietet bereits während der Entwicklung schnelle wissenschaftliche Beratung mit einer eigens ins Leben gerufenen Covid-19 Task Force (Etf). Trotz Beschleunigung bleiben die Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der betreffenden Arzneimittel nach Aussage der EMA unverändert hoch.

Was genau prüft die EMA während des Zulassungsprozesses?

Die Vorteile eines Covid-19-Impfstoffs müssen nach EU-Arzneimittelgesetzgebung weitaus größer sein als alle Nebenwirkungen oder potenziellen Risiken. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus allen europäischen Zulassungsbehörden übernimmt die Beurteilung des neuen Mittels. Sie geben Einschätzungen zur Wirkung des Arzneimittels ab und äußern sich zu Unsicherheiten der Daten. Außerdem können sie dem Antragssteller weitere Fragen stellen. Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) bewertet die Arzneimittelsicherheit.

Wie entscheidet die Kommission?

Nach Aussage eines Sprechers ist die endgültige Entscheidung durch die Kommission in den meisten Fällen nur noch eine reine Formalie. Jüngst sagte ein Sprecher der Kommission, nach der Prüfung durch die EMA wolle die Kommission rasch entscheiden. Einen konkreten Zeithorizont nannte er nicht.

Was bedeutet eine bedingte Zulassung?

Im Falle der Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer soll es eine bedingte Zulassung geben. Eine solche Zulassung soll dringliche medizinische Bedürfnisse befriedigen. Die EMA schreibt dazu: „Im Interesse der öffentlichen Gesundheit kann den Antragstellern eine bedingte Genehmigung für das Inverkehrbringen solcher Arzneimittel erteilt werden, wenn der Nutzen einer sofortigen Verfügbarkeit das Risiko, das von weniger als normalerweise erforderlichen Daten ausgeht, überwiegt (…).“ Die Zulassungsauflagen schreiben vor, dass fehlende Daten beispielsweise zur Langzeitwirksamkeit oder Daten in bestimmten Subgruppen, so schnell wie möglich nach Zulassung nachgereicht werden müssen. Eine bedingte Zulassung gilt für ein Jahr und kann verlängert werden.

Wenn alles gut läuft, wann kann die Zulassung erfolgen?

Im Fall von Biontech/Pfizer will die Ema bis spätestens 29. Dezember über eine Zulassungsempfehlung entscheiden, teilte die Agentur am Dienstag in Amsterdam mit. Zum Antrag des US-Konzerns Moderna auf Zulassung seines Impfstoffs werde eine Entscheidung bis zum 12. Jänner erwartet. Sollte die Ema grünes Licht geben, kann die EU-Kommission die Verwendung der Impfstoffe für alle Mitgliedsländer genehmigen. Ein Kommissionssprecher sagte am Dienstag, das Verfahren könnte nach einer Ema-Empfehlung binnen Tagen abgeschlossen sein. Die Kommission folgt in der Regel der Empfehlung.