Wilder Pandabär in China
Fuwen Wei
Fuwen Wei
Kälteschutz

Warum Pandas Pferdemist lieben

Wildlebende Pandabären wälzen sich gern in frischem Pferdemist, wie Forscher in China beobachten konnten. Nun haben sie eine Erklärung dafür gefunden: Die Ausscheidungen enthalten Inhaltsstoffe, die Kälte erträglicher machen.

Insekten wie Schmeißfliegen oder Mistkäfer finden nicht nur den Geruch von Fäkalien anziehend, sie ernähren sich sogar davon. Säugetiere nutzen die Ausscheidungen bzw. deren Ausdünstungen eher als Informationsquelle – denn sie können unter anderem verraten, ob Artgenossen gesund oder gerade geschlechtsreif sind. Dass sie von artfremden Kot wirklich angezogen sind, sei aber eine Ausnahme, schreiben die Forscher um Wenliang Zhou von der chinesischen Akademie der Wissenschaften in ihrer soeben im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Science“ erschienenen Studie.

Eine solche unübliche Anziehung haben sie nun bei wildlebenden Riesenpandas in China festgestellt. Das Team hat die Unterart der Qinling-Pandas zehn Jahre lang in freier Wildbahn beobachtet. Dabei zeigte sich, dass sich die Tiere sehr für Pferdemist interessieren. Sie schnuppern nicht nur daran, sehr häufig wälzen sie ihren ganzen Körper in den streng riechenden Ausscheidungen. Nachdem sich Pferde und Pandas in diesem Lebensraum schon seit Tausenden Jahren begegnen, muss es auch einen handfesten Grund für dieses ungewöhnliche Verhalten geben, vermuteten die Forscher.

Panda und Pferdemist
Fuwen Wei
Wilder Panda in Pferdemist

Mit Infrarotkameras konnten sie 38 solche Ereignisse innerhalb eines Jahres aufzeichnen, bei denen sich die Bären manchmal minutenlang im Dung suhlten. Eine besondere Vorliebe zeigten sie für sehr frischen Pferdemist. Wie eine Analyse ergab, hat die Frische einen Einfluss auf die chemische Zusammensetzung der Exkremente. Unter den flüchtigen und halbflüchtigen organischen Inhaltsstoffen identifizierten die Forscher zwei Bestandteile, sogenannte Sesquiterpene, die im frischen Kot reichlich vorhanden sind, in älteren aber kaum. Sie sind auf den Verzehr bestimmter Pflanzen zurückzuführen. Versuche mit unterschiedlich bedufteten Heuhaufen legten nahe, dass es tatsächlich diese beiden Stoffe sind, die den Pferdemist für die Pandas so aromatisch erscheinen lässt.

Nur bei Kälte

Eine weitere Besonderheit war den Forschern bei ihren Beobachtungen aufgefallen: Die Bären hatten sich nur zwischen November und April im Pferdemist gewälzt. Mit der Paarungszeit konnte das nichts zu tun haben, denn die dauert nur von Februar bis April. Ein Blick auf die ebenfalls aufgezeichneten Temperaturen lieferte eine Erklärung. In 95 Prozent der gefilmten Fälle betrug die Temperatur zwischen minus fünf und plus 15 Grad Celsius. Über 20 Grad suhlten sich die Tiere kein einziges Mal im Dreck.

Eine systematische Auswertung zeigte: Je kälter, desto häufiger und länger landeten die Pandas im Dreck. Das Verhalten könnte also etwas mit der Temperatur zu tun haben, so die Schlussfolgerung des Teams. Das überprüften sie in der Folge mit Labormäusen, die mit den beiden Naturstoffen eingerieben wurden. Tatsächlich waren diese kälteunempfindlicher als unbehandelte Artgenossen. Sie hielten es viel länger auf einem kalten Untergrund aus und zitterten dabei auch weniger.

Wahrscheinlich interagieren die Naturstoffe mit molekularen Temperaturrezeptoren in den Nervenenden der Pandahaut, schreiben die Studienautoren. Auf diese Weise werde das Kälte- und Wärmempfinden des Körpergewebes beeinflusst. Die Naturstoffe im Pferdemist wirken bei Pandas wohl ähnlich wie Chili und Minze bei Menschen, die das Gefühl Hitze bzw. Kälte auslösen können.