Arztin verarbreicht Patienten eine Injektion
show999 – stock.adobe.com
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Nebenwirkungen

Wie sich die CoV-Impfung anfühlt

RNA-Impfstoffe gegen Covid-19 können unangenehme Nebenwirkungen hervorrufen. Laut Medizinern sind Müdigkeit, Schüttelfrost und Fieber per se kein schlechtes Zeichen: Solche Symptome zeigen, dass das Immunsystem aktiv wird.

In Großbritannien ist es Dienstagfrüh losgegangen – einer 90-jährigen Patientin wurde erstmals in einem westlichen Land ein Impfstoff der Firmen Biontech und Pfizer verabreicht. 40 Millionen Dosen des erst kürzlich per Notzulassung freigegebenen Impfstoffes stehen für die erste Anwendung an der Bevölkerung bereit. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) lässt sich mit der Entscheidung über eine mögliche Zulassung noch bis Ende Dezember Zeit. An dieser Entscheidung werden sich dann die kontinentaleuropäischen Länder orientieren. Behörden und Regierungen sind nun gefordert, einen möglichst ausgewogenen Kompromiss zu finden. Einerseits müssen Sicherheit und Wirksamkeit gewährleistet sein, andererseits gilt es, die Pandemie rasch unter Kontrolle zu bringen.

Zu 95 Prozent wirksam

Wie die neuartigen RNA-Impfstoffe langfristig wirken (neben jenem von Biontech/Pfizer steht ein ähnlicher des US-Unternehmens Moderna vor der Zulassung), wird sich freilich auch in ein paar Wochen noch nicht sagen lassen. Was bekannt ist, sind die kurzfristigen Wirkungen und Nebenwirkungen. Der Impfstoff von Pfizer schützt in der Altersgruppe der über 65-Jährigen zu 95 Prozent, jener von Moderna erreicht laut bisherigen Angaben einen ähnlich hohen Prozentsatz.

Wie sich so eine Covid-19-Impfung anfühlt, ist nun in einem Erfahrungsbericht im Fachblatt „JAMA International Medicine“ nachzulesen: Die Pflegewissenschaftlerin Kristen R. Choi von der Stanford University hatte sich im August für eine Phase-III-Studie des Konzerns Pfizer zur Verfügung gestellt, die erste Impfung erhielt sie wenige Tage später. Die verlief, wie Choi schreibt, recht unspektakulär. „Mein Arm tat weh, ansonsten war alles normal. Ich konnte nicht erkennen, ob ich ein Placebo oder den Impfstoff erhalten hatte.“

Fieberschub nach zweiter Dosis

Deutlicher fielen einen Monat später die Nebenwirkungen der zweiten Dosis aus. „Mein Arm schmerzte deutlich mehr als beim ersten Mal, mir war übel, ich fühlte mich benommen, hatte Kopfschmerzen und Schüttelfrost.“ Tags darauf entwickelte Choi hohes Fieber, für ein paar Stunden sogar über 40 Grad, einen Tag später waren die Symptome wieder verschwunden. „Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, doch aufgrund der Symptome habe ich den starken Verdacht, dass ich den Impfstoff erhalten habe, nicht das Placebo.“

Laut den bisherigen Daten von Pfizer sind solche Nebenwirkungen nichts Ungewöhnliches. Fieber trat in den klinischen Versuchen bei 17 Prozent aller Impfungen auf, am häufigsten berichteten Probanden und Probandinnen über Müdigkeit (75 Prozent), gefolgt von Kopfschmerzen (67), Schüttelfrost (33) und Muskelschmerzen (27).

„Das Immunsystem arbeitet“

Dass die Covid-19-Impfung „kein Spaziergang“ sein wird, betonte kürzlich auch die Medizinerin Sandra Fryhofer von der Emory University bei einem Treffen der American Medical Association (AMA). „Der Impfstoff wird spürbar sein, wohlfühlen wird man sich nicht – darauf müssen wir unsere Patienten hinweisen.“

Gleichwohl, so merkte Patricia Stinchfield von den Kliniken in Minneapolis bei dem AMA-Meeting an, seien solche Symptome eher ein gutes denn ein schlechtes Zeichen – nämlich ein Hinweis darauf, dass das Immunsystem durch den Impfstoff „anspringt“. „Es ist normal, wenn der Arm wehtut und die Patienten müde sind oder sogar Fieber entwickeln. Wir haben es mit einer Immunreaktion zu tun. Wenn man nach der Impfung etwas spürt, dann ist genau das zu erwarten.“ Ähnlich äußerte sich kürzlich der US-amerikanische Impfstoffforscher Paul Offit gegenüber CNN. Die Nebenwirkungen zeigen, „dass das Immunsystem arbeitet. Man sollte froh darüber sein.“

Eine ehrliche und transparente Debatte über die unangenehmen Seiten der Impfung wird wohl auch aus einem anderen Grund notwendig sein. Wie Choi in ihrem Erfahrungsbericht betonte, weisen die Nebenwirkungen „unglückliche Ähnlichkeiten" mit den Symptomen von Covid-19 auf. „Ich kann mir jetzt schon vorstellen, wie Falschmeldungen über den Impfstoff viral gehen.“