Eine Krankenschwester mit einer Coronavirus-Spritze
AFP – STEVE PARSONS
AFP – STEVE PARSONS
Coronavirus

Warum man nach einer Impfung immun ist

Obwohl man noch nicht genau versteht, wie der Körper im Detail auf eine Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 reagiert, ist mittlerweile klar, dass man nach einer überstandenen Erkrankung erst einmal immun ist. Gleiches gilt für eine Impfung.

Infiziert man sich mit dem Coronavirus Sars-Cov-2, aktiviert der Körper seine Immunantwort. Er beginnt Antikörper zu bilden, schwimmende Abwehrstoffe im Blut. Wichtig sind die sogenannten neutralisierende Antikörper, erklärt Rudolf Valenta, Leiter der Abteilung für Immunpathologie an der MedUni Wien. Diese verhindern nämlich, dass das Virus in die menschlichen Zellen eindringt.

Impfung provoziert Immunantwort

Ob jede Person solche schützenden Antikörper ausbildet oder nicht, ist in der Wissenschaft umstritten. „Wir haben in einer Studie gefunden, dass etwa nur 40 bis 50 Prozent der Personen stark neutralisierende Antikörper machen“, berichtet etwa der Immunologe Valenta. Zwischenergebnisse seiner Untersuchungen wurden bereits im Sommer im Journal „Allergy“ publiziert. Mittlerweile konnte er seine Untersuchung auf mehrere hundert Patientinnen und Patienten ausweiten. Die Forscher von in Innsbruck und österreichweit durchgeführten Antikörperstudien verweisen jedoch darauf, dass sie bei nahezu allen Genesenen auch neutralisierende Antikörper feststellen konnten.

Die Impfung gegen das Coronavirus provoziert im Körper die gleiche Immunantwort wie bei einer Erkrankung, indem dem Körper die Bauanleitung für das Corona-spezifische Spikeprotein verabreicht wird. „Dann entsteht eine Immunantwort und die ist eben in etwa vergleichbar mit jener, die entsteht, wenn jemand eine Infektion gehabt hat“, sagt Valenta. Sollte eine Person keine neutralisierenden Antikörper ausbilden, sei das nicht problematisch, da der Impfschutz nicht allein auf Antikörpern, sondern auch auf der T-Zellen-Immunität beruhen. „In dem einen Fall ist es so, dass der Patient völlig geschützt ist, wenn er viele Antikörper hat, denn da kann sich das Virus im Körper nicht einmal vermehren“, so der Immunologe. „Im anderen Fall ist der Körper vorbereitet, hat schon ein immunologisches Gedächtnis und kann dann rasch antworten.“

Auch T-Zell-Antwort schützt

Der Körper reagiert nicht nur mit Antikörpern auf das Virus, sondern schult bei einer Impfung oder einer Infektion auch seine Immunzellen. Sie werden auf Sars-CoV-2 programmiert und ein immunologisches Gedächtnis bildet sich aus, erklärt Alexander Scheffold, Direktor des Instituts für Immunologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. „Nachdem die Antwort vorbei ist, setzen sich die Zellen wieder zur Ruhe, aber sie haben sich gemerkt, was sie gelernt haben. Deshalb nennt man die dann Gedächtniszellen.“ Wenn der Erreger das nächste Mal in den Körper eindringt, dann falle die Immunantwort dank dieser Gedächtniszellen viel besser und stärker aus. Es komme in den meisten Fällen nicht mehr zu einer Erkrankung.

Die Impfung führt ebenso wie eine Erkrankung zu solch einer T-Zell-Antwort und zur Ausbildung von Gedächtniszellen. Das würden die vorliegenden Daten der Impfstoff-Hersteller zeigen, betont Scheffold. Wie lange diese Grundimmunisierung durch die Impfung den Körper schützt, diese Frage sei jedoch noch offen. Dem stimmt auch Rudolf Valenta zu. Aussagen darüber könne man erst treffen, wenn weitere Infektionswellen überstanden seien.

Durchgemachte Coronavirus-Infekte schützen nicht

Die Hoffnung, dass man auch aufgrund bereits durchgemachter Erkältungskrankheiten, ausgelöst durch andere Coronaviren, gegen das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 immun wäre, konnte das Exzellenzcluster Precision Medicine in Chronic Inflammation (PMI) aus Kiel nun widerlegen. In ihrer im Journal „Immunity“ veröffentlichten Studie zeigen sie, dass bereits existierende Gedächtniszellen zwar Teile des SARS-CoV-2 vermeintlich wiedererkennen und eine Immunabwehr starten, diese Immunantwort aber unzureichend ausfällt.

„Jemand, der älter wird, hat im Laufe seines Lebens viel mehr Interaktion mit verschiedensten Fremdsubstanzen, also mit verschiedensten Viren, Bakterien, Pilzen und so weiter“, erklärt Petra Bacher vom Institut für Immunologie der Universität Kiel. Das immunologische Gedächtnis älterer Personen sei größer und damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Körper bei einer SARS-CoV-2 Infektion mit bereits existierenden Gedächtniszellen reagiert. Statt sogenannten naive T-Zellen loszuschicken, die innerhalb von ein bis zwei Wochen lernen, gegen den spezifischen Krankheitserreger vorzugehen, steige mit dem Alter auch die Wahrscheinlichkeit, dass auf existierende Gedächtniszellen zurückgegriffen werde.

„Wir haben gesehen, dass diese bereits existierende Gedächtniszellen in Menschen, die noch keinen Kontakt zu SARS-CoV-2 hatten, keine optimale Antwort gegen das Virus generieren“, sagt die Professorin für Immunologie und Immungenetik. „Und diese nicht besonders gute Antwort haben wir auch in Patientinnen und Patienten gesehen, die einen schweren Verlauf von Covid-19 haben.“ Das mit dem Alter stärker ausgeprägte immunologische Gedächtnis könnte also eine Erklärung dafür sein, warum ältere Menschen ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bei Covid-19 haben.