Braunbär in alpiner Steinlandschaft
Dietrich Heller
Dietrich Heller
Natur

Wildtiere kehren nach Österreich zurück

Luchs, Braunbär und Wolf sind im 19. Jahrhundert in Österreich ausgerottet worden. Umweltschutzorganisationen setzen sich seit vielen Jahren für die Rückkehr dieser Tiere ein. Jetzt gibt es erste Erfolge.

100 Jahre sind vergangen, bis im Jahr 2016 erstmals wieder Wölfe für Nachwuchs in Österreich sorgten. Damals haben sich am Truppenübungsplatz Allentsteig einige Tiere niedergelassen. Dieses Rudel ist das einzige, das sich seither konstant in Österreich aufhält und jedes Jahr für Nachwuchs mit durchschnittlich sechs Jungwölfen sorgt. Diese verlassen nach ein bis zwei Jahren das elterliche Rudel und suchen sich einen neuen Lebensraum.

Wolf streift durch Graslandschaft
Dietrich Heller

Die Zahl der Wölfe in Österreich schwankt daher auch stark. Derzeit leben in Allentsteig zwischen fünf und acht Tiere. Einzelne Wölfe wandern immer wieder durch Österreich, auf der Suche nach einem geeigneten Revier.

Der Luchs

Die letzten beiden Luchse wurden in Österreich in den Jahren 1887 und 1897 erlegt. Anders als etwa Wölfe und Bären kehren Luchse nicht wieder in das Land zurück, um neue Lebensräume zu suchen. Daher versuchte der Wildbiologe Antal Festetics, in den Jahren 1977 bis 1979, Luchse durch Wiederansiedelungs-Programme in Österreich wieder heimisch zu machen. Damals wurden neun Tiere auf der Turracher Höhe in Kärnten freigelassen. Sie wanderten in verschiedene Richtungen ab, eine Vermehrung blieb jedoch aus.

Luchs im verscheiten Wald
Johannes Poetscher

Ende der 1990er-Jahre wurden im Nationalpark Kalkalpen Luchse nachgewiesen. Um den Bestand zu vergrößern, haben Naturschutzorganisationen weitere Tiere ausgesetzt. Aktuell leben dort sechs Luchse. Insgesamt gibt es derzeit knapp 40 Luchse in Österreich. Die meisten halten sich im nördlichen Mühl- und Waldviertel und im Dreiländereck zwischen Tschechien, Deutschland und Österreich auf.

Der Braunbär

Im südlichen Dreiländereck Österreich, Slowenien, Italien leben derzeit acht bis zehn Braunbären. Dabei handelt es sich ausschließlich um Männchen. „Sie sind die ersten, die ein Gebiet auskundschaften. Erst später kommen die Weibchen nach. Das kann noch ein Jahrzehnt, vielleicht auch länger dauern“, so der Wildtierbiologe Paolo Molinari, der in Tarvis nahe der Kärntner Grenze wohnt und forscht. Der Wissenschaftler erklärt, dass genug Platz für Bären in dieser Gegend wäre. Hier würden sie auch einen geeigneten Lebensraum finden.

Universum „Der Karawankenbär“: 15.12, 20.15 Uhr, ORF2

Wie Molinari hofft auch die Biologin und Natur-Fotografin Christine Sonvilla, dass weitere Braunbären in den nächsten Jahren vom Süden Sloweniens in Richtung Alpen wandern und dann in Österreich heimisch werden. „Braunbären sind ein wichtiger Bestandteil der europäischen Wälder. Sie helfen mit, Pflanzensamen zu verbreiten, indem sie diese über ihr Fell transportieren oder über ihren Kot ausscheiden, sagt Sonvilla. „Zusätzlich tragen sie, wie auch der Wolf und der Luchs, zur Eindämmung der pflanzenfressenden Tiere bei, weil sie vor allem junge und kranke Tiere fressen.“

Braunbären haben Kraft, Ausdauer und einen hervorragenden Geruchssinn. So können sie Kadaver von verendeten Tieren über große Distanzen aufspüren. Indem sie die Kadaver fressen, verhindern sie das Ausbreiten vieler Krankheiten in den Wäldern.

Zusammenleben mit Wildtieren wieder erlernen

Nachdem die großen Beutegreifer Bär, Luchs und Wolf mehr als 150 Jahre in Österreich nicht präsent waren, fehlt jetzt die notwendige Akzeptanz. „Die meisten Menschen fürchten sich gar nicht vor den Tieren,“ meint der Wissenschaftler Paolo Molinari. „Oft sind es nur jene, die auch in ländlichen Gebieten leben und sich den Lebensraum mit den Wildtieren teilen. Diese Menschen haben Angst, dass der Braunbär die Schafe reißt oder den Honig holt.“

Braunbär vor einem eingezäunten Areal mit Schafen
Dietrich Heller

Dass mit der Rückkehr der großen Raubtiere Konflikte vorprogrammiert sind, ist auch den Umweltschutzorganisationen klar. „Durch ihr natürliches Verhalten geraten Bär, Wolf und Luchs immer wieder in Konkurrenz zu menschlichen Landnutzungsinteressen, wie etwa in der Land- und Forstwirtschaft, bei der Jagd oder im Tourismus“, erklärt Christian Pichler vom WWF. Er fordert österreichweit ein einheitliches Management, das auch auf die Nachbarländer abgestimmt wird. „Dieses müsse sachliche Informationsarbeit über die Rückkehr der Raubtiere ebenso beinhalten wie Zahlen über die genaue Verbreitung von Wolf, Bär und Luchs.“

Sendungshinweis

Mehr über Braunbären sehen sie in der Sendung Universum „Der Karawankenbär – Auf den Spuren eines Grenzgängers“ am 15.12. um 20.15 in ORF2.

Durch die Abwesenheit der großen Beutegreifer in den vergangenen Jahrzehnten hat sich das ganze Ökosystem verändert. Streift etwa ein Luchs durch ein bestimmtes Revier, so nimmt er Einfluss auf die Aktivitäten und das Äsungsverhalten der Beutetiere. „Rehe und Hirsche weichen dann eher auf andere Lebensräume aus und können nicht bejagt werden“, sagt die Biologin und Naturfotografin Christine Sonvilla. Auch die Rückkehr des Wolfes sorgt für Konflikte mit den Jägern, weil sie den Wild-Bestand in den Wäldern reduzieren. „Außerdem gibt es Befürchtungen, dass Schäden im Wald durch ein geändertes Verhalten der Rehe und Hirsche entstehen,“ so der Artenschutz-Experte Christian Pichler vom WWF.

Unter Artenschutz

Unter Druck stehen auch viele Weidetierhalter, wenn sich die großen Beutegreifer wieder verstärkt in Österreich niederlassen. Das Wissen, wie man sich etwa auf den Almen gegen Bär, Luchs oder Wolf schützt, ist laut WWF zusehends verloren gegangen. „Dabei reichen oft bereits Elektrozäune aus. Manchmal wird es notwendig sein, Hirten oder Herdenschutzhunde einzusetzen“, meint Christian Pichler. „Dafür benötigen die Landwirte jedoch auch finanzielle Unterstützung und ausreichend sachliche Informationen.“

Die drei großen Beutegreifer sind in Österreich besonders geschützte Arten. Sie stehen unter dem Schutz des Washingtoner Artenschutzabkommens und der Berner Konvention. Auf europäischer Ebene sind Bär, Wolf und Luchs zusätzlich durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union geschützt.