Studie: Schulschließungen wirken

Die Wirkung einzelner Maßnahmen gegen das Coronavirus zu beweisen ist nicht einfach. Das gilt auch für das umstrittene Thema von Schulschließungen. Laut einer britischen Studie sind sie ziemlich effektiv – ähnlich wie ein Versammlungsverbot für mehr als zehn Personen.

Die Schließung aller Geschäfte außer den lebensnotwendigen hat demnach nur einen mäßigen Effekt, die Vorschrift, zu Hause zu bleiben, sogar nur einen geringen zusätzlichen Effekt. Die Studie einer internationalen Forschergruppe um Jan Brauner von der University of Oxford (Großbritannien) ist in der Fachzeitschrift „Science“ erschienen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verwendeten zum einen die Fallzahlen und die Anzahl der an Covid-19 Verstorbenen, die das Coronavirus Resource Center der Johns Hopkins University in Baltimore (Maryland, USA) täglich zusammenträgt. Diese Zahlen setzten sie über ein Computermodell in Beziehung zu einzelnen Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Krankheit, wie sie in 34 europäischen und sieben nicht-europäischen Ländern ergriffen worden sind. Die Effektivität maßen die Forscher über die Verringerung der Reproduktionszahl R, die ohne staatliche Eingriffe bei 3,3 lag.

Große Unterschiede zwischen den Ländern

Dass die einzelnen Maßnahmen in den verschiedenen Ländern zu unterschiedlichen Zeitpunkten beschlossen wurden, half den Forscherinnen und Forschern, den Effekt der einzelnen Vorschriften zu berechnen. „Wenn alle Länder am selben Tag die gleichen nicht-pharmazeutischen Eingriffe vornehmen würden, wäre die individuelle Wirkung jedes nicht-pharmazeutischen Eingriffs nicht erkennbar“, schreiben si. Weil Schulen und Hochschulen in fast allen Ländern zur selben Zeit geschlossen wurden, konnte der Effekt dieser Maßnahmen nicht einzeln berechnet werden, sondern nur als Zusatzeffekt.

Als „sehr effektiv“ bezeichnen Brauner und Kollegen eine Maßnahme, wenn der errechnete Medianwert für die Verringerung der Reproduktionszahl bei über 35 Prozent liegt. Dies ist beim Versammlungsverbot für mehr als zehn Personen und der Schließung der Schulen und Hochschulen der Fall. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Ländern. Dies führt dazu, dass der Effekt beim Versammlungsverbot im Bereich von 17 bis 60 Prozent liegt, bei der Schul- und Hochschulschließung im Bereich von 16 bis 54 Prozent.

Unsicherheiten bei Modellierung

Mäßige Effekte ergaben sich aus den Versammlungsverboten für mehr als 100 Personen (34 Prozent) und mehr als 1.000 Personen (23 Prozent). Gleiches gilt für das Schließen von Einrichtungen, die hinsichtlich der Pandemie als risikoreich gelten, wie Restaurants, Nachtclubs, Kinos und Fitnessstudios (18 Prozent). Etwas effektiver war das Öffnungsverbot für alle außer den lebensnotwendigen Geschäften (27 Prozent). Der Effekt der Vorgabe, das Haus nur für wenige erlaubte Tätigkeiten zu verlassen, konnte nicht einzeln ermittelt werden. Als zusätzliche Maßnahme zu den anderen genannten lag ihr Effekt bei nur 13 Prozent.

Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité nennt bei Twitter eine wichtige Erkenntnis aus der Studie: „Starker Effekt von Schulschließungen“. Er verweist aber zugleich darauf, dass andere Studien keine Effekte von Schulschließungen finden. Die Autoren und Autorinnen der Studie geben zu bedenken, dass die Unsicherheiten bei ihrer Modellierung nicht gering sind.