„Nur die Augen fehlen“, sagt die Paläontologin Julie Meachen von der Universität in Des Moines. „Es handelt sich um die kompletteste Wolfsmumie, die jemals entdeckt wurde. Deshalb können wir mehr oder weniger ihr Leben rekonstruieren.“ Meachen stellte den Fund mit Kollegen in einer Studie dar, die soeben in der Fachzeitschrift „Current Biology“ erschienen ist.
Zhùr vermutlich in seinem Bau gestorben
Die Mumie wurde bereits 2016 von einem Arbeiter einer Goldmine im kanadischen Permafrost entdeckt. Vom indigenen Volk der Tr’ondëk Hwëch’in im Yukon-Territorium bekam das Tier den Namen Zhùr.
Laut Meachen geschehe es selten, dass solche Mumien in der Region gefunden werden. Die Tiere müssten dazu nach ihrem Tod schnell im Eis konserviert werden – bevor sich der Körper zersetzt oder von anderen Tieren gefressen wird. Die Forscherin vermutet, dass der Bau des Wolfs zusammengebrochen und er deshalb schnell gestorben ist. „Unsere Daten zeigen, dass er nicht gehungert hatte und zum Zeitpunkt des Todes ungefähr sieben Wochen alt war.“
Das Forscherteam konnte auch die Ernährung des Tieres untersuchen: „Eine Sache, die uns besonders überrascht hat, war, dass es auch Wassertiere gegessen hat, besonders Lachs.“ Wölfe in der Eiszeit hätten üblicherweise Bison, Moschusochsen und andere große Landtiere gefressen.
Weitere Entdeckungen sind zu erwarten
Im Genom des Tieres fanden die Forscherinnen Verbindungen zu älteren Wolfsarten aus Russland, Sibirien und Alaska. Einige andere Fragen aber bleiben offen – etwa was mit der Mutter oder möglichen Geschwistern des Wolfsjungen geschehen ist. „Vielleicht war es das einzige, oder die anderen Wölfe waren gerade nicht im Bau. Das werden wir leider nie erfahren“, so Meachen.
Für das Volk der Tr’ondëk Hwëch’in hat der Fund eine besondere Bedeutung, heißt es in einer Pressemitteilung. Es habe zugestimmt, Zhùr in einem Nationalkundemuseum der Yukon-Region auszustellen.
Meachen erwartet, dass noch weitere Exemplare gefunden werden. „Das ist einer der kleinen Vorteile der Klimaerwärmung – wenn der Permafrost schmilzt, werden wir mehr dieser Mumien entdecken. Damit kann die Wissenschaft die Vergangenheit besser rekonstruieren, aber das zeigt auch, wie stark sich der Planet erwärmt. Wir müssen wirklich vorsichtig sein.“