Coronavirus unter dem Mikroskop und eingefärbt
NIAID-RML
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Warum die neue Variante ansteckender ist

Die neue britische Coronavirus-Variante scheint keine schwereren Krankheitsverläufe auszulösen, ist aber ansteckender. Grund dafür könnten zwei Mutationen an der Andockstelle des Virus sein – viele Fragen sind aber noch offen.

Dass Viren mutieren, ist nicht außergewöhnlich, vor Kurzem wurde etwa eine Mutation in Südafrika entdeckt. Die aktuelle Variante in Großbritannien („Viruslinie B.1.1.7“) ist seit September bekannt. Außergewöhnlich an ihr ist die große Anzahl an Mutationen, mindestens 17 haben die Forscher entdeckt, wie Andreas Bergthaler vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am Montag im Ö1-Mittagsjournal erklärte.

Zwei der Mutationen könnten erklären, warum sich die Virusvariante schneller verbreitet als andere. Beide betreffen das Spike-Protein des Virus, mit der es an menschliche Zellen andockt und diese infiziert. „Die eine Mutation bewirkt, dass das Virus besser an die Zelle anbinden kann. Die andere hat einen Einfluss darauf, wie sich das Spike-Protein verändert und damit das Virus in die Zelle eindringen kann", so Bergthaler.

Nur Frage der Zeit, bis sie auch in Österreich auftaucht

Eine Reihe anderer Fragen bleiben noch unbeantwortet – etwa wie die Aussage der britischen Behörden zustande kam, dass sich das Virus um 70 Prozent schneller ausbreitet (diese Angaben macht auch die Europäische Gesundheitsbehörde ECDC). Bergthaler vermutet, dass dies das Resultat epidemiologischer Studien ist – also des modellierten Vergleichs der Ausbreitungsgeschwindigkeit verschiedener Varianten. „Das kann einen Anhaltspunkt geben dafür, dass die Variante tatsächlich infektiöser ist. Gleichzeitig könnte die Verbreitung der Variante auch purer Zufall sein.“ Das sei aktuell nicht zu beantworten.

Ebenso wenig, ob die Virusmutation auch schon in Österreich angekommen ist. Bisher nachgewiesen wurde sie laut Gesundheitsministerium nicht. Am CeMM wurden seit Anfang September mehr als 150 Virenproben sequenziert, die neue britische Variante befand sich nicht darunter. Allerdings: „Die Wahrscheinlichkeit, dass sie zumindest in kleinerem Maßstab auch in anderen europäischen Ländern bereits angekommen ist, ist relativ hoch. Es ist nur eine Frage der Zeit und der Anzahl der Proben, die man sequenziert, bis man diese Variante auch findet.“

Impfstoffe wirken weiter

Dass die Coronavirus-Impfstoffe, die gerade geimpft werden oder vor der Zulassung stehen, weniger wirken – dafür sieht Bergthaler keine Anhaltspunkte. „Impfstoffe versuchen immer, mehrere Ziele eines Virus zu treffen. Das heißt, damit es einer Impfung oder einer Immunantwort völlig entkommen kann, müsste es mehrere Mutationen an all diesen Stellen ausbilden.“ Das sei bei der britischen Variante nicht der Fall und generell schwer vorstellbar. Dennoch gelte es, die Situation genau im Auge zu behalten.